

Kind sein im Sudan: 5 Fakten
Hunger, Klimawandel, Konflikte. Der Sudan ist eine der schlimmsten Krisenregionen der Welt. Die nun ausgebrochenen Kämpfe haben die Situation noch einmal verschärft – mit gravierenden Auswirkungen für alle Kinder, die im Land aufwachsen.
Der Sudan ist ein Land im Nordosten Afrikas und flächenmäßig der drittgrößte Staat des Kontinents. Mehr als 40 Millionen Menschen leben hier. Gleichzeitig ist das Land eines der ärmsten Afrikas.
Seit Jahrzehnten kommt es im Sudan immer wieder zu bewaffneten Konflikten und Gewalt. Die politische Lage ist instabil, die Wirtschaft befindet sich in einer schweren Krise. Hinzukommen Folgen des Klimawandels wie Dürren und Überschwemmungen, von denen die Familien im Sudan immer wieder getroffen werden. Die humanitäre Lage ist katastrophal.

Immer wieder werden Familien im Sudan durch schwere Überschwemmungen getroffen, wie hier im Süden der Region Darfur.
© UNICEF/UN0696479/Ahmed Amin Ahmed Mohamed OsmanInsbesondere die Kinder werden durch die Krisen mit voller Wucht getroffen. Schätzungsweise Dreiviertel der Kinder leben in extremer Armut. Rund 8,5 Millionen Kinder im Sudan sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Die Kinder befinden sich in einem perfect storm aus Krisen, die aufeinander aufbauen.

Was das für das Aufwachsen im Sudan bedeutet, erklären wir in fünf Fakten in diesem Blog:
Fakt 1: Millionen Kinder leiden Hunger
Im Sudan sind Lebensmittel knapp. Folgen des Klimawandels wie langanhaltende Dürre und extreme Überschwemmungen haben dafür gesorgt, dass Ernten ausfallen. Die Preise für die wenigen vorhandenen Lebensmittel steigen, so dass viele durch die Wirtschaftskrise getroffene Familien sich die nötigsten Dinge nicht mehr leisten können. Etliche Familien wissen nicht, wie sie sich und ihre Kinder ausreichend ernähren sollen.
Der Sudan hat eine der höchsten Raten an Mangelernährung bei Kindern weltweit. Rund drei Millionen Kinder sind von akuter Mangelernährung betroffen. Wenn Mangelernährung nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sie schwere Folgen für die Entwicklung der Kinder haben und im schlimmsten Falle sterben Kinder. Schon vor dem aktuellen Konflikt waren 610.000 Kinder so schwer mangelernährt, dass ihr Leben in Gefahr ist.

Im Alnahda Health Centre in Nyala im Süden der Region Darfur erhält die 13-monatige Rudat therapeutische Erdnusspaste. Das kleine Mädchen leidet unter schwerer akuter Mangelernährung.
© UNICEF/UN0747463/ZehbrauskasUnsere UNICEF-Kolleg*innen im Sudan versorgen schwer mangelernährte Kinder mit therapeutischer Erdnusspaste, damit sie schnell wieder zu Kräften kommen. Der erste Schritt dafür ist, dass Mangelernährung überhaupt erkannt wird. Auch dafür setzen wir uns ein, so dass Millionen Kinder von geschulten Gesundheitshelfer*innen untersucht werden können. Denn: Wenn Mangelernährung frühzeitig erkannt wird, ist sie gut behandelbar.
Fakt 2: Schwere Krankheitsausbrüche gefährden ungeimpfte Kinder
Immer wieder kommt es im Sudan zu schweren Krankheitsausbrüchen. Der fehlende Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen sowie mangelnde Hygiene bedingen, dass Krankheiten sich leichter ausbreiten können. In einem Großteil des Landes herrscht Trinkwasserknappheit, während diese Gegenden gleichzeitig durch Überschwemmungen getroffen werden. Fast ein Drittel der Bevölkerung hat keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Wasser und Hygiene.

In dem Otash-Lager für Binnenvertriebene schleppt ein Mädchen Wasser von der Wasserstelle zu seiner Unterkunft. Im Sudan leben rund 3,7 Millionen binnenvertriebene Menschen.
© UNICEF/UN0749095/ZehbrauskasWenn Infektionskrankheiten wie Polio, Masern oder Cholera grassieren, sind Kinder gefährdet lebensbedrohlich zu erkranken, insbesondere mangelernährte Kinder. Denn ihre Körper sind bereits geschwächt und haben der Krankheit wenig entgegenzusetzen. Gleichzeitig ist die Rate der Routineimpfungen bei Kindern im Sudan in den letzten Jahren rapide gesunken: Zwischen 2019 und 2021 hat sich die Zahl der Kinder, die gar nicht geimpft wurden, verdoppelt. Damit fehlt den Kindern der wirksamste Schutz, um nicht zu erkranken. UNICEF setzt alles daran, diesem Trend entgegenzuwirken und Kinder durch wirksame Impfungen vor Krankheiten zu schützen.
Erst im März hat UNICEF zusammen mit dem Gesundheitsministerium und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine große Impfkampagne gegen Polio gestartet. Zum Ende des letzten Jahres war es zu einem erneuten Ausbruch der Krankheit gekommen. Gleichzeitig hilft UNICEF dabei, dass Familien Zugang zu wichtiger Gesundheitsversorgung, Medikamenten und Behandlungen erhalten. Allein im letzten Jahr konnten 1,3 Millionen Kinder mit Gesundheitsprogrammen erreicht werden.

Der vierjährige Mostafa Mohammed hat sich mit dem Poliovirus angesteckt. Er erhält eine Schutzimpfung im Rahmen der Impfkampagne gegen Polio, die das Gesundheitsministerium im Sudan zusammen mit UNICEF und der WHO gestartet hat.
© UNICEF/UN0822717/Hassan Nazmi AhmedFakt 3: Kinder werden in die brutalen Konflikte hineingezogen
An vielen Orten im Sudan kommt es immer wieder zu brutalen Auseinandersetzungen und Gewalt. Dabei werden auch Kinder in die Konflikte reingezogen. Sie werden bei Kämpfen verletzt oder getötet, es kommt zu Angriffen auf Schulen oder sexualisierter Gewalt. Auch gibt es Berichte darüber, dass Kinder als Kindersoldat*innen rekrutiert werden – eine schwere Kinderrechtsverletzung, die den Kindern ihrer Kindheit beraubt und traumatischen Erlebnissen aussetzt. Dabei können die Kinder am allerwenigstens für die Auseinandersetzungen.
UNICEF setzt alles daran, Kinder vor Gewalt in jeglicher Form zu schützen und ehemaligen Kindersoldat*innen den Weg zurück in eine normale Kindheit zu ermöglichen. In unseren Programmen unterstützen wir Kinder mit Bildungsangeboten, medizinischer Versorgung und psychosozialer Betreuung. Das hilft ihnen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.
Fakt 4: Ohne Bildung schwinden Zukunftschancen
Im Sudan gehen rund sieben Millionen Kinder im schulpflichtigen Alter nicht zur Schule - jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge. Das hat verschiedene Gründe: Viele Familien müssen ihre Heimat überstürzt verlassen, um vor der Gewalt zu fliehen, so dass Kinder nicht mehr am Unterricht teilnehmen können. Mehr als 3,7 Millionen Menschen leben im Sudan als Binnenvertriebene im eigenen Land.
Durch die Zerstörung infolge der Gewalt oder eine überstürzte Flucht bleibt den Familien oft nichts mehr. In ihrer Not sehen sich viele Familien zu schwersten Entscheidungen gezwungen – darunter auch, ihre Kinder früh zu verheiraten, in der Hoffnung, dass sie so besser versorgt sind. Rund ein Drittel der Mädchen im Sudan werden vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet.

Schüler*innen der Al Slaim Schule in der Stadt Kusti machen in einem kreativen Theaterstück auf die Gefahren für Mädchen durch Kinderehe und Genitalverstümmelung aufmerksam.
© UNICEF/UN0775586/JethaniDoch auch die Kinder, die eine Schule besuchen können, lernen nicht ausreichend. Es fehlt an qualifizierten Lehrer*innen und die Schulen sind nicht angemessen ausgestattet. Die Folge: Sieben von zehn Schüler*innen können einfachste Sätze nicht lesen und verstehen. Dadurch verpassen die Kinder wichtige Zukunftschancen, mit verheerenden Folgen nicht nur für sie persönlich, sondern auch für die allgemeine Gesellschaft im Sudan.
UNICEF arbeitet unermüdlich daran, dass alle Kinder Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten. Wir richten Klassenräume ein und verteilen Lernmaterialien wie Stifte und Schulbücher. Zudem bilden wir Grundschullehrer*innen aus und sorgen dafür, dass Kinder, die keine Schule besuchen können, Zugang zu alternativen Bildungsangeboten erhalten.

Bild 1 von 2 | Diese Kinder nehmen an einer Abschlussfeier einer Gemeinschaftsschule im Taffari-Lager für Binnenvertriebene teil. Die Schüler*innen haben an einem Bildungsprogramm teilgenommen, das ihnen hilft, verpassten Unterricht aufzuholen, bevor sie an eine reguläre Schule wechseln. UNICEF unterstützt das Programm.
© UNICEF/UN0741918/Zehbrauskas
Bild 2 von 2 | Lernen mit dem Tablet: Dafallah Ali und Ingaz Mohammed lernen in einem von UNICEF unterstützten E-Learning-Zentrum in Al Jabalayn das arabische Alphabet.
© UNICEF/UN0753290/BosFakt 5: Der aktuelle Konflikt verstärkt die Not der Kinder zusätzlich
Mitten in diese schwierige Situation für Kinder im Sudan platzt im April 2023 eine erneute Eskalation des Gewalt. Besonders schlimm ist die Situation in der Hauptstadt Khartum und in der Region Darfur. Tausende Menschen versuchen, vor der Gewalt zu fliehen. Doch das ist lebensgefährlich. Viele Familien sehen sich daher im Kreuzfeuer der Gefechte gefangen und harren in ihrem Zuhause oder in Schulen aus. Wegen der Kämpfe kann momentan kein Unterricht stattfinden. Für die Kinder sind die Erlebnisse traumatisch: Viele stehen unter Schock.

Familien fliehen vor den Kämpfen und suchen Schutz vor der Gewalt.
© UNICEF/UN0831619/AFPUnser UNICEF-Kollege James Elder berichtet in diesem Video über die aktuelle Lage der Kinder im Sudan:
James Elder, UNICEF Spokesperson, talks about the unrest in #Sudan and its impact on children and their families👇
— UNICEF UK (@UNICEF_uk) April 21, 2023
UNICEF urgently calls on all parties to protect children and to refrain from attacking the infrastructure on which they depend: hospitals, schools and water systems pic.twitter.com/zaABj6xcM7
Die Kinder im Sudan brauchen dringend Hilfe!
UNICEF ist seit 70 Jahren im Sudan vor Ort, um die Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Auch in der aktuellen schwierigen Situation setzen wir alles daran, die Grundversorgung der Kinder aufrechtzuerhalten.
Wir brauchen Ihre Unterstützung, um den Kindern und Familien ausreichend helfen zu können – gerade jetzt, wo die Not durch den Konflikt immer größer wird. Vielen Dank, dass Sie uns mit Ihrer Spende helfen. Jeder Beitrag zählt!

Caroline Dohmen ist Themenredakteurin im UNICEF-Newsroom und bloggt über die aktuelle Situation von Kindern und die Arbeit von UNICEF weltweit.