
Wie ist es, jetzt in Gaza ein Kind zu sein?
Die Waffenruhe in Gaza hat Hoffnung für die Kinder und ihre Familien gebracht. Doch die Not ist nach zwei Jahren Krieg unvorstellbar. Es mangelt an Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Von ihrem Zuhause finden Familien oft nur Trümmer wieder. In diesem Blog versuchen wir zu beschreiben, was es für ein Kind bedeutet, gerade in Gaza aufzuwachsen.
von Laura Sandgathe
Die aktuelle Lage der Kinder im Gazastreifen
Zwei Jahre Gewalt, Zerstörung und Flucht haben zu unvorstellbarem Leid bei den Kindern in Gaza geführt. Mehr als 64.000 Kinder wurden bei Angriffen getötet oder schwer verletzt, darunter auch mindestens 1.000 Babys, Zehntausende Kinder haben einen oder beide Elternteile verloren. Die Gewalt hat sie gezwungen, aus ihrem Zuhause zu fliehen – oft mehrfach.
Jetzt, wo die Waffenruhe es den Familien ermöglicht, zurückzukehren, stehen viele vor dem Nichts. Oft finden sie dort, wo mal ihr Haus stand, nur noch Schutt und Asche wieder. Neun von zehn Häusern in Gaza wurden in den letzten zwei Jahren beschädigt oder zerstört.

Ein Mädchen steht vor einer provisorischen Zeltunterkunft.
© UNICEF/UNI521729/El Baba
Die Kinder sind traumatisiert und erschöpft. Langsam kommt wieder mehr Hilfe an, doch die humanitäre Lage ist katastrophal. Durch den Krieg ist die Grundversorgung zusammengebrochen. Es gibt nicht genügend Lebensmittel, Krankenhäuser sind zerstört und Zehntausende Menschen leben in Flüchtlingscamps unter prekären Bedingungen.
Es gibt nun Hoffnung, aber es wird ein langer Weg für die Kinder, in eine normale Kindheit zurückzufinden. UNICEF steht weiter an der Seite der Kinder. Seit der Waffenruhe haben wir unsere Hilfe verstärkt.
+++ Auf unsere Projektseite halten wir Sie über die aktuelle Lage der Kinder in Gaza und die konkrete UNICEF-Nothilfe auf dem Laufenden. +++
Wie ist es, jetzt in Gaza ein Kind zu sein? In diesem Beitrag versuchen wir, uns der Situation der Kinder in neun Fakten anzunähern. Doch zuerst:
Wie viele Kinder gibt es in Gaza?
Im Gazastreifen leben etwa 2,1 Millionen Menschen. Der Anteil der Kinder davon ist fast die Hälfte, nämlich rund eine Million.
Wie viele Kinder sind in Gaza gestorben?
Berichten zufolge sind in den letzten zwei Jahren mehr als 64.000 Kinder bei Angriffen getötet oder schwer verletzt worden. Etwa 25 Prozent der verletzten Kinder werden wahrscheinlich lebensverändernde Verletzungen davon tragen. Weltweit gibt es nirgendwo so viele Kinder mit Amputationen pro Kopf wie im Gazastreifen.
Kinder, die schwer verletzt sind, erhalten oft nicht die benötigte Behandlung, weil es kaum noch funktionierende Krankenhäuser gibt.
Auch der Mangel an Trinkwasser und Nahrungsmitteln hat dazu geführt, dass Kinder gestorben sind. Im August wurde im Bezirk Gaza eine Hungersnot festgestellt. Dieser menschengemachte Hunger hat das Leben von mehreren Dutzend Kindern gefordert.

Mit einem Maßband wird untersucht, ob dieses Kind mangelernährt ist.
© UNICEF/UNI856416/NateelDie Kinder brauchen dringend lebensrettende Hilfe. Am wichtigsten ist es nun, den Hunger aufzuhalten und mangelernährte Kinder mit Spezialnahrung zu behandeln. Genauso muss die Wasserversorgung sichergestellt und Kinder müssen medizinisch versorgt werden.
9 Fakten über das Leben der Kinder in Gaza
1. Tausende Kinder im Gazastreifen hungern
Monatelang haben zu wenige Nahrungsmittel die Menschen in Gaza erreicht. Eltern hatten nicht genügend zu essen für ihre Kinder. Mehr als 42.000 Kinder leiden inzwischen unter Mangelernährung. Dutzende Kinder sind in den vergangenen Monaten an den Folgen der Mangelernährung gestorben.

"Ich wache morgens auf und muss Wasser und Brennstoff suchen, um etwas zu essen zu kochen. Früher bin ich nach dem Aufwachen zu Schule gegangen, da war ich glücklich", erzählt die elfjährige Rafif.
© UNICEF/UNI851543/NateelIm August 2025 haben die unabhängigen Expert*innen der IPC* offiziell eine Hungersnot in einem Gebiet in Gaza festgestellt. Dass diese höchste, extremste Stufe des Hungers festgestellt wird, ist extrem selten. Nie zuvor gab es im Nahen Osten so eine Situation.
Dass es so weit gekommen ist, ist unerträglich. Kinder sind vor den Augen ihrer Eltern gestorben. Mit der Waffenruhe haben wir nun die Möglichkeit, wieder mehr Kinder mit lebensrettender Hilfe zu behandeln. Wenn sie rechtzeitig Hilfe bekommen und zum Beispiel mit Erdnuspasste behandelt werden, sind ihre Chancen gut, sich wieder zu erholen. Die UNICEF-Teams in Gaza fokussieren sich gerade darauf, Erdnusspaste, Spezialmilch aber natürlich auch Trinkwasser zu den betroffenen Kindern zu bringen.
*IPC steht für "Integrated Food Security Phase Classification". Expert*innen analysieren die Ernährungssituation in Ländern und Regionen und ordnen sie in Klassen ein. Sie möchten mehr erfahren? In diesem Artikel erklären wir die IPC und auch Begriffe wie "Hungersnot" genauer.
2. Viele Kinder im Gazastreifen haben ihr Zuhause durch Zerstörung und Flucht verloren
Dunkle Höhlen, wo Fenster waren. Rußbedeckter Stein. Einsturzgefährdete Decken. Das Gebäude, das Sie unten auf dem ersten Bild sehen, steht im Osten von Gaza-Stadt. Es war ein Wohnhaus. Ein Zuhause. Und auch das kaputte Zelt im zweiten Bild war das Zuhause einer Familie. Obwohl Rida und ihre Familie nur vorübergehend im Zelt leben wollten, bot es doch Schutz, ein Dach über dem Kopf. Wohnen kann man darin eigentlich nicht mehr.

Bild 1 von 2 | Ein Junge fährt auf seinem Fahrrad an einem völlig zerstörten Wohnhaus vorbei.
© UNICEF/UNI488793/Al-Qattaa
Bild 2 von 2 | Rida (10) überprüft ihr kaputtes Zelt, nachdem mehrere Zelte von einem Luftangriff getroffen und viele zerstört wurden.
© UNICEF/UNI799066/El Baba
Zahlreiche Familien sind in den letzten Monaten vor der Gewalt geflohen. Über 1,9 Millionen Menschen – 90 Prozent der Bevölkerung – wurden durch den Krieg zu Vertriebenen im eigenen Land. Die notdürftigen Zeltstädte, in die sie geflüchtet sind, boten keine Sicherheit und konnten jederzeit von Bomben getroffen werden. Seit Beginn der Waffenruhe kehren Familien an die Orte zurück, die einst ihr Zuhause waren – und finden meist nur Trümmer vor. Durch die Bombardierungen sind neun von zehn Häusern in Gaza beschädigt oder zerstört worden.
Wie ist es, als Kind sein Zuhause, sein Spielzeug, sein Kinderzimmer, seinen Rückzugsort zu verlieren? Wir können nur versuchen, es nachzuempfinden. Die Waffenruhe als erster Schritt des Friedensplans lässt Kinder und Familien hoffen. Nun braucht es umfassende humanitäre Hilfe und einen dauerhaften Frieden, um der immensen Zerstörung und dem unvorstellbaren Leid zu begegnen.
“Trotz der Waffenruhe und dem Gefühl der Erleichterung bleibt bei den Familien auch ein tiefes Gefühl von Trauer und das Bewusstsein, dass selbst mit einer Waffenruhe das Leben nicht einfach wieder so wird, wie es vorher war”, so UNICEF-Sprecherin Tess Ingram. “Die Kinder hier im Gazastreifen haben ein Recht darauf, in ein Leben ohne Angst zurückzukehren. Die Waffenruhe ist unsere Chance, ihnen dabei zu helfen, zu dem Leben zurückzukehren, das ihnen genommen wurde."
Krieg bedroht Kinder heute in einem alarmierenden, nie dagewesenen Maß: 2024 haben die Vereinten Nationen in Kriegs- und Konfliktgebieten so viele schwere Kinderrechtsverletzungen verzeichnet wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.
In unserem Blog widmen wir uns immer wieder der Situation von Kindern im Krieg und blicken auf die für Kinder gefährlichsten Orte. Doch wir teilen auch gute Nachrichten und zeigen, wie wir von UNICEF dank unserer Unterstützer*innen Kindern wirksam helfen können. Lesen Sie zum Beispiel, wie es ist, jetzt Kind im Ukraine oder Sudan zu sein oder wie ehemalige Kindersoldaten und Kindersoldatinnen mit UNICEF-Hilfsprogrammen eine neue Chance im Leben bekommen.
Auf unserer Webseite finden Sie auch weitere, übergreifende Informationen zum Thema "Kindheit im Krieg."
3. Zehntausende Kinder wurden getötet oder verletzt
"Sanad und sein Vater gingen am frühen Morgen los, um Brennholz zu sammeln,“ erzählt Sanads Großvater. "Dabei wurden sie Ziel eines Luftangriffs, bei dem Sanads Vater ums Leben kam und Sanad schwer verletzt wurde." Ihm musste das rechte Bein amputiert werden und er erlitt weitere schwere Verletzungen. Seine Schmerzen sind unerträglich und er braucht dringend weitere medizinische Hilfe.

Sanad (10) nach der Amputation seines rechten Beins im Krankenhaus. Ein Arzt behandelt ihn gerade.
© UNICEF/UNI799039/NateelSanads Geschichte steht für viele Kinder, die Opfer von Angriffen im Gazastreifen wurden. Viele Kinder haben Gliedmaßen verloren, andere erlitten schwere Verbrennungen. Tausende Kinder haben ihr Leben verloren.
Eines ist Dina. Wir zeigen ihr Bild hier nicht, aber wir möchten ihre Geschichte teilen. UNICEF-Mitarbeitende trafen die 13-Jährige im selben Krankenhaus wie Ahmad. Zuvor war ihr Zuhause in Chan Yunis völlig zerstört worden. Ihre Eltern kamen dabei ums Leben, und zwei ihrer Brüder. Dina selbst wurde schwer verletzt und verlor ihr rechtes Bein.
Aber die Hoffnung hatte Dina nicht verloren. Sie erzählte dem UNICEF-Team, dass sie Anwältin werden möchte. "Ich empfinde Ungerechtigkeit. Wenn ich groß bin, werde ich Anwältin und kann meine eigenen Rechte und die Rechte aller Kinder durchsetzen."
Wenige Tage nach dem Treffen, am 17. Dezember 2023, fiel eine Bombe auf das Nasser-Krankenhaus und tötete Dina. Wir erzählen Dinas Geschichte hier, weil sie zeigt, wie brutal Kinder Opfer dieses furchtbaren Krieges geworden sind.
Kinder und Familien mussten auch lange Zeit ihr Leben riskieren, um Nahrung zu bekommen. Wegen stark eingeschränkter Lieferungen waren Lebensmittel teuer und unbezahlbar – Preise für Brot oder Mehl waren in den zwei Jahren Krieg um bis zu 700 Prozent gestiegen.
Fadi (13) beispielsweise stand stundenlang an, um Lebensmittel zu bekommen, die er in einem großen Karton nach Hause trug – er überlebte. In den vergangenen Monaten sind aber vermehrt Menschen, darunter auch Kinder, bei der Verteilung von Hilfsgütern getötet oder verletzt worden. Ibrahim (14) verlor seinen Vater, der auf dem gefährlichen Weg zur Essensverteilung getötet wurde.

Bild 1 von 2 | Fadi (13) ist mutig. Auf seien Schultern stemmt er eine Last, die Kinder niemals tragen sollten: "Auch wenn es sehr gefährlich ist, muss ich [zur Nicht-UN-Verteilungsstelle] gehen, um Lebensmittel für meine Mutter zu holen, damit meine Geschwister und ich überleben können. Wir haben keine Lebensmittel und sowieso kein Geld, um welche zu kaufen.”
© UNICEF/UNI827066/El Baba
Bild 2 von 2 | Ibrahim (14) hat seinen geliebten Vater verloren: “Mein Vater ist gestorben und ich weiß nicht, wie ich ohne ihn leben soll. Jeden Morgen, wenn ich aufwache und ihn nicht sehe, tut es so schrecklich weh."
© UNICEF/UNI827063/El Baba
Niemand darf sein Leben riskieren, um Hilfe zu erhalten. Mit der Waffenruhe hat UNICEF die Hilfe ausgeweitet und bringt mehrere Dutzend Lkw mit Hilfsgütern pro Tag in den Gazastreifen. Die Hilfe konzentriert sich nun insbesondere darauf, den Hunger zu bekämpfen, die Wasserversorgung wiederherzustellen und Winterhilfe zu leisten.
Berichten zufolge sind seit Kriegsbeginn mehr als 64.000 Kinder getötet oder verletzt worden (Stand August 2025). Laut dem Jahresbericht des UN-Generalsekretärs über Kinder in bewaffneten Konflikten wurden allein im vergangenen Jahr, also 2024 mehr als 8.000 schwere Kinderrechtsverletzungen in Israel und Palästina dokumentiert – so viele wie in keiner anderen Region weltweit, seitdem der Überwachungsmechanismus für schwere Kinderrechtsverletzungen vor 20 Jahren eingerichtet wurde.
4. Die Trinkwasserversorgung bleibt kritisch
Im Gazastreifen wird Wasser normalerweise aus dem Mittelmeer in Entsalzungsanlagen zu Trinkwasser aufbereitet. Doch weil es monatelang kaum noch Treibstoff oder Strom gab, konnten die Anlagen nicht mehr wie früher betrieben werden. Nur noch 40 Prozent der Trinkwasseranlagen funktionierten (Stand Juni 2025). Ebenfalls weil Treibstoff und Strom fehlten, konnte das Wasser auch nicht mehr durch die Leitungen zu den Menschen gepumpt werden. Aufgrund des Trinkwassermangels mussten Kinder salziges oder verschmutztes Wasser trinken.

Unsere Kolleg*innen in Gaza treffen auf den Straßen immer wieder Kinder, die leere Kanister tragen. Sie sind auf der Suche nach Trinkwasser, mit dem sie ihre Kanister füllen können.
© UNICEF/UNI820849/Dass Trinkwasser lebenswichtig ist, liegt auf der Hand. Wenn Kinder verschmutztes Wasser trinken, werden sie schnell krank. Durchfall beispielsweise kann vor allem für kleine Kinder schnell lebensgefährlich werden, wenn ihr Körper austrocknet und die Flüssigkeit nicht ersetzt werden kann – ein Teufelskreis.
Seit die erste Phase des Friedensplans in Kraft getreten ist, setzen wir alles daran, die Trinkwasserversorgung für die Menschen im Gazastreifen wiederherzustellen. So reparieren wir derzeit Wasseraufbereitungsanlagen, zum Beispiel in Gaza-Stadt. Diese sind überlebenswichtig, denn auch das Grundwasser ist nicht trinkbar.
Der sichere Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen ist sowohl für die Bekämpfung des Hungers als auch zur Prävention von entscheidender Bedeutuung. Insbesondere mit dem nahenden Winter, der Überschwemmungen und damit den Ausbruch von Krankheiten wahrscheinlicher macht.
Auch vor der Waffenruhe gelang es den UNICEF-Teams vor Ort, die Menschen im Gazastreifen mit sicherem Wasser zu versorgen: Seit Januar 2025 haben wir 1,6 Millionen Menschen mit Trinkwasser erreicht, darunter über 600.000 Kinder. Dafür haben wir zum Beispiel Trinkwasser per Lkw in die Notunterkünfte gebracht.
5. Das Wummern der Drohnen hinterlässt tiefe seelische Wunden
"Wie 50 Donnerschläge in einem": So beschrieb UNICEF-Sprecher James Elder die Geräusche der Drohnen, der Militärflugzeuge über Rafah in Gaza. Sie flogen fast ohne Unterbrechung. Ihr ohrenbetäubendes Dröhnen geht durch Mark und Bein. Im Video ist es zu hören (Video in englischer Sprache):
Das Video wurde vor Beginn der Waffenruhe aufgenommen.
Die Kinder im Gazastreifen lebten monatelang mit diesen schrecklichen Geräuschen. Jeden Tag. Jede Nacht. Und mit jeder Drohne, mit jedem Flugzeug, das die Schallmauer durchbrach, brach auch die Angst vor einem Angriff herein. James Elder sagte: "Tausende Kinder hier sind bereits traumatisiert. Jedes Kind weiß: Drohnen werfen Bomben ab." Wir können nur erahnen, wie die Kinder mit diesem Trauma leben.
6. Im Gazastreifen gibt es kaum noch medizinische Versorgung
Auf dem folgenden Bild sehen Sie Ghazal mit ihren Eltern. Ghazal ist vier Jahre alt. Anfang Oktober wurde ihr Haus in Gaza-Stadt von Soldaten belagert. Das Mädchen verletzte sich am Fuß, aber wegen der Belagerung konnten seine Eltern es nicht ins Krankenhaus bringen. Im Nachbarhaus wohnte ein Arzt, der Ghazals Fuß schließlich ohne Betäubung operierte, um zumindest die Blutung zu stoppen. Nach mehreren Tagen kam Ghazal ins Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis.

Ihre Eltern machen sich große Sorgen um Ghazal (4). Das Mädchen verletzte sich am Fuß und bekam erst viel zu spät medizinische Versorgung, weil sein Haus belagert wurde.
© UNICEF/UNI488719/ZaqoutDas Gesundheitssystem im Gazastreifen ist vielerorts nach zwei Jahren Krieg zusammengebrochen, es fehlt an Medikamenten und medizinischem Personal, viele Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser sind zerstört oder beschädigt.
An dieser Stelle verzichten wir nochmal auf Bilder, möchten die Geschichte von Abed aber dennoch teilen. Der Junge erzählte UNICEF-Mitarbeitenden vor Ort, wie er, nachdem er angeschossen worden war, eine Bauchoperation ohne ein einziges Schmerzmittel oder gar eine Betäubung aushalten musste. Er wünschte sich nur, dass die unerträglichen Schmerzen wieder aufhören.
Abed erlag am 17. Juni 2025 seinen Verletzungen. Es ist schrecklich, dass lebensnotwendige medizinische Güter aufgrund von Blockaden nicht rechtzeitig in den Gazastreifen gelangen konnten und Kinder wie Abed und viele weitere sterben mussten.
In der UN-Kinderrechtskonvention, die die Grundlage unserer Arbeit bei UNICEF ist, heißt es, dass jedes Kind das Recht auf "die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge" hat.
Durch die Waffenruhe können wir nun wieder verstärkt Medikamente, Impfstoffe und weiteres medizinische Material in den Gazastreifen bringen, um Kinder und Familien mit Gesundheitsversorgung zu erreichen.

UNICEF beliefert Krankenhäuser mit medizinischen Hilfsgütern, darunter Medikamente und Babyartikel für Neugeborene auf Intensivstationen sowie wichtige medizinische Geräte.
© UNICEF/UNI796303/El Baba7. Angst, Traurigkeit, Ohnmacht: Die Kinder erleben große psychische Belastung und Verlust
Das Mädchen weint hemmungslos. Es läuft mit seiner Familie, in den Händen trägt es den Käfig mit seinem Haustier, einem Vogel. Vor wenigen Augenblicken wurde das Nachbarhaus der Familie bei einem Luftangriff völlig zerstört. Die Familie zögerte nicht lange und floh.

Dieses Mädchen kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sein Nachbarhaus wurde bei einem Luftangriff getroffen, die Familie ergriff in Panik die Flucht.
© UNICEF/UNI488859/El BabaIm Gesicht des Mädchens spiegeln sich Angst, Traurigkeit, Ohnmacht. Es kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, sich nicht mehr beruhigen angesichts dessen, was passiert. Die psychischen Belastungen für die Kinder, die der Krieg mit sich gebacht hat, lassen sich kaum in Worte fassen. Ihre Kindheit ist zerstört.

Kinder nehmen an einer von UNICEF unterstützten Aktivität zur psychischen Gesundheit und psychosozialen Unterstützung teil. Ihnen wird geholfen, den schrecklichen Kriegsalltag für einen Moment zu vergessen.
© UNICEF/UNI821437/EleyanEs gehört zum Leben dazu, dass geliebte Menschen sterben. Doch viele Kinder in Gaza haben in den letzten beiden Jahren so häufig den Verlust von geliebten Menschen erlebt, wie es kein Kind erleben sollte.
UNICEF-Sprecher James Elder hat im Gazastreifen Omar getroffen. Der Zwölfjährige hat miterlebt, wie seine Eltern und sein Zwillingsbruder Opfer eines Bombenangriffes wurden. Um sie nicht zu vergessen, wendet er einen herzzerreißenden Trick an (Video in englischer Sprache):
Die Kinder in Gaza benötigen fundierte psychologische Betreuung – die während des Krieges kaum möglich war. Wir von UNICEF ermöglichen Kindern mit Spiel- und Betreuungsangeboten einige kurze Momente von Leichtigkeit, von einer normalen Kindheit. Mit der Waffenruhe können wir unsere Angebote ausweiten. Dies hat für uns höchste Priorität, um Kindern dringend benötigte Unterstützung zukommen zu lassen.
8. Der bevorstehende Winter gefährdet Kinder und Familien
Nach zwei Jahren Krieg, wiederholter Vertreibung und umfassender Zerstörung leben Tausende Kinder und ihre Familien in Gaza unter prekären Bedingungen. Obwohl viele wieder in ihre Heimatorte zurückgekehrt sind, haben sie dort oft nur die Trümmer ihrer Existenz vorgefunden – und leben nun unter Planen oder leichten Zelten, in provisorischen Unterkünften oder stark beschädigten Gebäuden. Diese bieten keinerlei Schutz vor der Witterung.
Mit dem Herannahen des Winters wird das Risiko von Unterkühlung, Atemwegsinfektionen und durch Wasser übertragbare Krankheiten stark ansteigen, insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern. Deswegen verteilen wir überall im Gazastreifen derzeit warme Kleidung und Decken an Kinder.

Der achtjährige Mohammed probiert seine neue Winterjacke an. Vor dem anstehenden Winter verteilt UNICEF überall im Gazastreifen warme Kleidung an Kinder.
© UNICEF/UNI761200/Nateel9. Schulen sind entweder zerstört oder werden als Notunterkünfte gebraucht
Die Tafel ist noch da. Aber Unterricht gibt es hier nicht mehr. Der Klassenraum in der Stadt Rafah, in dem die Kinder auf dem Foto unten spielen, ist wie die gesamte Schule zu einer Notunterkunft umfunktioniert worden. Jetzt sitzen hier keine Kinder mehr am Schreibtisch und hören ihrer Lehrerin zu. Jetzt schlafen, kochen, leben hier zahlreiche Familien, die vor den Kämpfen geflohen sind.

Unterricht gibt es in diesem Klassenzimmer nicht mehr: Die Schule dient als Notunterkunft für geflüchtete Familien.
© UNICEF/UNI488854/El BabaSeit dem 7. Oktober 2023 sind alle Schulen in Gaza geschlossen. Immer wieder wurden Schulen beschädigt oder zerstört, nach Schätzungen betrifft dies mehr als 97 Prozent aller Schulgebäude (Stand Oktober 2025).
Mit der Waffenruhe setzen wir nun alles daran, die Bildungsangebote für Kinder wieder auszubauen. Dazu bauen wir unsere temporären Lernzentren weiter aus, um den Unterricht für alle über 650.000 schulpflichtigen Kinder in Gaza möglichst schnell wieder zu ermöglichen. Die Lernzentren sind eine sichere Umgebung, die auch psychosoziale Unterstützung bieten. Das ist sehr wichtig für die psychische Gesundheit der Kinder und ihr Wohlbefinden – und auch für ihre Zukunft.
Wie hilft UNICEF Kindern in Gaza?
Die humanitäre Lage in Gaza ist weiterhin katastrophal. Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente, Unterkünfte – die Kinder brauchen nun dringend eine umfassende humanitäre Versorgung. Unsere Kolleg*innen waren während des Krieges unermüdlich im Einsatz und haben trotz großer Herausforderungen Kinder mit Hilfe erreicht.
Nun weiten wir diese Hilfe aus und bringen täglich zahlreiche Hilfsgüter in den Gazastreifen – darunter Spezialnahrung für mangelernährte Kinder, Medikamente, Hygienekits, Windeln, Zelte, Winterkleidung, Planen sowie Hilfsgüter zur gezielten Unterstützung von Kindern mit Behinderungen.
Dafür brauchen wir weiterhin Ihre Unterstützung. Helfen Sie den Kindern in Gaza mit Ihrer Spende. Wir versprechen: Jeder Beitrag kommt an und hilft. Vielen Dank!
So unterstützen Sie mit einer Spende Kinder im Gazastreifen
- 92 €Jetzt 92 € spenden.z. B. für 40.000 Wasserreinigungstabletten für je 5 Liter sauberes Wasser
- 176 €Jetzt 176 € spenden.z. B. für 600 Päckchen Erdnusspaste, um mangelernährte Kinder zu versorgen
- 234 €Jetzt 234 € spenden.z. B. für 1.800 Impfstoffe gegen Polio
UNICEF verurteilt die furchtbaren Angriffe auf Israel und die Folgen für Kinder und Familien seit dem 7. Oktober 2023 und ist sehr besorgt über die Auswirkungen der Gewalt auf Kinder. Endlich sind die noch lebenden Geiseln zurück bei ihren Familien. Doch der Schmerz des 7. Oktober hält an, für die Familien der Kinder, die ihr Leben verloren haben, für die Kinder und für alle Geiseln, die aus ihren Familien gerissen wurden, und für diejenigen, die mit dem Trauma ihrer Erfahrungen leben müssen. Jedes Kind muss vor Gewalt geschützt sein.
In Israel ist UNICEF seit 2009 als eines von weltweit 32 UNICEF-Nationalkomitees aktiv. Das israelische Nationalkomitee wirbt um Unterstützung für die UNICEF-Arbeit weltweit und setzt sich für die Förderung und Sensibilisierung für Kinderrechte ein.
Mit Programmarbeit ist UNICEF in Israel aktuell nicht aktiv. Länder mit höherem Einkommen – wie Israel – sind in der Regel selbst in der Lage, die Kinder im Land angemessen zu versorgen. Aus diesem Grund gibt es keinen UNICEF-Spendenaufruf für die Kinder, die in Israel leben. UNICEF ist allerdings mit den zuständigen Stellen in Israel laufend im Gespräch.

Laura Sandgathe ist Online-Redakteurin und Chefin vom Dienst. Sie bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit – über Kinder, Helfer*innen und die Projekte, in denen sie einander treffen.