© UNICEF/UNI799011/NateelLahia vermisst ihr Leben, ihre Kindheit ohne Krieg.
Kinder weltweit

Wie ist es, jetzt in Gaza ein Kind zu sein?

Seit dem grausamen Angriff auf Israel und dem Beginn der Bombardierungen und der Bodenoffensiven auf Gaza ist der Küstenstreifen ein verzweifelter Ort geworden. Jeder Tag ist für die Menschen dort ein Kampf ums Überleben. Es ist für Kinder eine Katastrophe, was sich in Gaza abspielt. Ihre Not ist kaum in Worte zu fassen. Wie ist es, jetzt in Gaza ein Kind zu sein? Dieser Beitrag soll versuchen, sich ein Stück weit in die Situation der Kinder hinein zu fühlen.


von Laura Sandgathe

Krieg in Gaza: Kinder und ihre aktuelle Lage im Konflikt

Der Gazastreifen, häufig kurz Gaza genannt, ist ein Küstenstreifen am östlichen Mittelmeer. Das Gebiet liegt zwischen Ägypten und Israel. Das Gebiet des Gazastreifens entstand 1949 nach dem ersten arabisch-israelischen Krieg.

Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas Israel grausam angegriffen. Es folgte der Krieg in Gaza, mit großflächigen Bombardierungen und Bodenoffensiven. Seitdem lässt die schreckliche Gewalt kein Kind in Israel und in Gaza unberührt. Womöglich wird sie die Kindheit und das ganze Leben vieler Mädchen und Jungen für immer prägen. Kinder werden im anhaltenden Krieg im Gazastreifen verletzt oder getötet, verlieren ihr Zuhause und müssen fliehen. Die Situation ist dramatisch.

Derzeit erreicht viel zu wenig lebensnotwendige humanitäre Hilfe die Kinder in Gaza, nachdem eine Waffenruhe Anfang 2025 nicht lange gehalten hatte. Die Hilfsgüter, die bei den Familien ankommen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Viele weitere, dringend benötigte Hilfsgüter stehen an den Grenzen bereit, um nach Gaza zu fahren, sobald mehr Hilfslieferungen zugelassen werden.

Die Kinder brauchen Frieden und eine stabile Versorgung mit dringend benötigten Hilfsgütern wie Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten, jetzt!

+++ Auf unsere Projektseite halten wir Sie über die aktuelle Lage der Kinder in Gaza und die konkrete UNICEF-Nothilfe auf dem Laufenden. +++

Gaza spenden: Die Kinder im Gazastreifen brauchen auch nach angekündigter Waffenruhe weiterhin dringend Nothilfe

Ein Mädchen steht vor einer provisorischen Zeltunterkunft in Rafah im Gazastreifen. Es mit seiner Familie vor den Kämpfen geflohen. Die Kinder in Gaza brauchen dringend Hilfsgüter wie Wasser, Lebensmittel und Medikamente.

© UNICEF/UNI521729/El Baba

Vor dem 7. Oktober 2023 war Gaza-Stadt im Norden das Zentrum des Gazastreifens und die Gemeinde mit den meisten Einwohner*innen. Seit Beginn des Krieges sind fast zwei Millionen Menschen innerhalb von Gaza geflohen. Viele Menschen, darunter viele Kinder, wurden bereits mehrfach vertrieben. Es gibt für sie keinen sicheren Ort mehr im Gazastreifen.

Die Not der Familien in Gaza ist unbeschreiblich. Schon vor dem aktuellen Krieg waren die Menschen auf Hilfslieferungen von außen angewiesen. Trinkwasser, Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff – all das wurde in den Gazastreifen geliefert. Seit Beginn des Krieges kamen Hilfsgüter nicht mehr in ausreichender Menge zu den Menschen. Die Not wächst, und mit ihr der Bedarf an schneller Nothilfe. Die gesamte Bevölkerung leidet unter akuter Ernährungsunsicherheit. 470.000 Menschen im Gazastreifen sind von katastrophalem Hunger bedroht (IPC-Stufe 5).

Wie ist es, jetzt in Gaza ein Kind zu sein? In diesem Beitrag versuchen wir, uns der Situation der Kinder in neun Fakten anzunähern. Doch zuerst:

Wie viele Kinder gibt es in Gaza?

Im Gazastreifen leben 2,2 Millionen Menschen. Der Anteil der Kinder davon ist fast die Hälfte, nämlich rund eine Million.

Wie viele Kinder sind in Gaza gestorben?

Leider ändern sich die Zahlen, wie viele Kinder in Gaza gestorben sind, sehr schnell. Deshalb veröffentlichen wir in diesem Beitrag keine konkreten Zahlen.

Die vom palästinensischen Gesundheitsministerium veröffentlichten Zahlen können wir derzeit nicht unabhängig prüfen. Sie haben sich jedoch in vorangegangenen Konflikten in Gaza im Nachhinein als zuverlässig erwiesen.

Sicher ist, dass Tausende Kinder in dem Krieg in Gaza getötet oder verletzt wurden. Viele Kinder werden zudem vermisst und sind vermutlich unter den Trümmern eingestürzter Gebäude begraben. Auch die katastrophale humanitäre Situation vor Ort führt dazu, dass Kinder sterben. So sind bereits Kinder gestorben, weil es ihnen an nahrhaften Lebensmitteln, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung fehlt. Tausende Kinder sind lebensbedrohlich mangelernährt.

Jedes getötete Kind ist eines zu viel! Jedes Kind muss geschützt werden.

Schwangere und Neugeborene im Gazastreifen

Auch die Situation von ungeborenen Babys im Mutterleib und ihren schwangeren Müttern sowie Neugeborenen ist im Gazastreifen dramatisch. Man kann erahnen, welche Ängste Mütter um ihre Babys haben und wie schlimm es sein muss, ein Kind zu kriegen oder sich um ein Neugeborenes zu sorgen, während Bomben fallen und immer wieder neue Aufforderungen zur Flucht kommen, weil ein neuer Angriff bevorsteht.

Gaza Kinder: Eine Mutter mit ihrem Neugeborenen im Krankenhaus

"Ich bin zutiefst traurig, dass mein Baby mitten im Krieg das Licht der Welt erblickt hat", sagt Noura, die wir mit ihrem Neugeborenen Majd im Alwada Krankenhaus in Nussirat getroffen haben. "Ich bin extrem dankbar, dass wir von UNICEF Kleidung für das Baby bekommen haben. Die Preise sind so hoch."


© UNICEF/UNI575300/El Baba

Schwangeren im Gazastreifen droht, ihre Babys aufgrund fehlender medizinischer Versorgung zu verlieren. Für schwangere und stillende Frauen sind sauberes Wasser und Hygiene unerlässlich. Doch beides ist in Gaza derzeit kaum vorhanden. Frauen müssen in Notunterkünften, Wohnhäusern, auf der Straße oder in überlasteten Krankenhäusern entbinden. Wir von UNICEF fürchten, dass stressbedingte Fehlgeburten, Totgeburten und Frühgeburten zunehmen könnten.

Zudem gibt es viel zu wenig Lebensmittel oder Trinkwasser in Gaza. Von dieser Not sind auch schwangere und stillende Frauen betroffen. Sie haben kaum eine Chance, sich mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen und so auf ihren Körper zu achten, wie es in Schwangerschaft und Stillzeit wichtig wäre. Unsere Kolleg*innen in Gaza schätzen, dass etwa 160.000 schwangere und stillende Frauen Zusatznahrung gegen Mangelernährung sowie Mikronährstoffe benötigen.

9 wichtige Fakten über das Leben der Kinder in Gaza

1. Viele Kinder im Gazastreifen verlieren ihr Zuhause durch Zerstörung und Flucht

  • Gaza Kinder: Ein Junge fährt auf seinem Fahrrad an einem völlig zerstörten Wohnhaus vorbei

    Bild 1 von 2 | Ein Junge fährt auf seinem Fahrrad an einem völlig zerstörten Wohnhaus vorbei.

    © UNICEF/UNI488793/Al-Qattaa
  • Rida (10) überprüft ihr kaputtes Zelt

    Bild 2 von 2 | Rida (10) überprüft ihr kaputtes Zelt, nachdem mehrere Zelte von einem Luftangriff getroffen und viele zerstört wurden.

    © UNICEF/UNI799066/El Baba

Dunkle Höhlen, wo Fenster waren. Rußbedeckter Stein. Einsturzgefährdete Decken. Das Gebäude, das Sie oben auf dem ersten Bild sehen, steht im Osten von Gaza-Stadt. Es war ein Wohnhaus. Ein Zuhause. Und auch das kaputte Zelt im zweiten Bild war das Zuhause einer Familie. Obwohl Rida und ihre Familie nur vorübergehend im Zelt leben wollten, bot es doch Schutz, ein Dach über dem Kopf.

Durch die Bombardierungen sind mittlerweile etliche Gebäude im Gazastreifen zerstört oder beschädigt. Wohnen kann man darin eigentlich nicht mehr. Zahlreiche Familien sind geflohen. Etwa 1,9 Millionen Menschen, 90 Prozent der Bevölkerung sind durch den Krieg zu Vertriebenen im eigenen Land geworden (Stand Juni 2025). Und auch die notdürftigen Zeltstädte, in die sie geflüchtet sind, bieten keine Sicherheit und können von Bomben und Drohnen getroffen werden.

Wie ist es, als Kind sein Zuhause, sein Spielzeug, sein Kinderzimmer, seinen Rückzugsort zu verlieren? Wir können nur versuchen, es nachzuempfinden. Die Kinder in Gaza müssen dringend geschützt werden und brauchen Orte, an denen sie in Sicherheit sind vor den Bomben. Sie brauchen eine Feuerpause, möglichst gefolgt von einem sicheren Frieden.

InfoWas bedeutet es für Kinder, im Krieg aufzuwachsen?

   

Krieg bedroht Kinder heute in einem alarmierenden, nie dagewesenen Maß: 2023 haben die Vereinten Nationen in Kriegs- und Konfliktgebieten so viele schwere Kinderrechtsverletzungen verzeichnet wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.

In unserem Blog widmen wir uns immer wieder der Situation von Kindern im Krieg und blicken auf die für Kinder gefährlichsten Orte. Doch wir teilen auch gute Nachrichten und zeigen, wie wir von UNICEF dank unserer Unterstützer*innen Kindern wirksam helfen können. Lesen Sie zum Beispiel, wie es ist, jetzt Kind im Libanon oder Sudan zu sein oder wie ehemalige Kindersoldaten und Kindersoldatinnen mit UNICEF-Hilfsprogrammen eine neue Chance im Leben bekommen.

Auf unserer Webseite finden Sie auch weitere, übergreifende Informationen zum Thema "Kindheit im Krieg."

2. Kinder in Gaza werden verletzt und sterben

"Sanad und sein Vater gingen am frühen Morgen los, um Brennholz zu sammeln,“ erzählt Sanads Großvater. "Dabei wurden sie Ziel eines Luftangriffs, bei dem Sanads Vater ums Leben kam und Sanad schwer verletzt wurde." Ihm musste das rechte Bein amputiert werden und er erlitt weitere schwere Verletzungen. Seine Schmerzen sind unerträglich und er braucht dringend weitere medizinische Hilfe.

Sanad (10) nach der Amputation seines rechten Beins im Krankenhaus.

Sanad (10) nach der Amputation seines rechten Beins im Krankenhaus. Ein Arzt behandelt ihn gerade. 

© UNICEF/UNI799039/Nateel

Sanads Geschichte steht für viele Kinder, die Opfer der Bombardierungen im Gazastreifen wurden und werden. Viele verlieren Gliedmaßen, andere erleiden schwere Verbrennungen. Die Kinder können nichts für den Krieg. Jede Bombe bedeutet die Gefahr, dass Kinder verletzt werden.

Und Kinder sterben.

Eines ist Dina. Wir zeigen ihr Bild hier nicht, aber wir möchten ihre Geschichte teilen. UNICEF-Mitarbeitende trafen die 13-Jährige im selben Krankenhaus wie Ahmad. Zuvor war ihr Zuhause in Chan Yunis völlig zerstört worden. Ihre Eltern kamen dabei ums Leben, und zwei ihrer Brüder. Dina selbst wurde schwer verletzt und verlor ihr rechtes Bein.

Aber die Hoffnung hatte Dina nicht verloren. Sie erzählte dem UNICEF-Team, dass sie Anwältin werden möchte. "Ich empfinde Ungerechtigkeit. Wenn ich groß bin, werde ich Anwältin und kann meine eigenen Rechte und die Rechte aller Kinder durchsetzen."

Wenige Tage nach dem Treffen, am 17. Dezember 2023, fiel eine Bombe auf das Nasser-Krankenhaus und tötete Dina.

Wir erzählen Dinas Geschichte hier, weil sie zeigt, wie brutal Kinder Opfer dieses furchtbaren Krieges werden. Wir können unsere Forderung nach einer Feuerpause nur immer und immer wieder wiederholen.

Die Lage der Kinder ist unvorstellbar grausam. Berichten zufolge sind seit Kriegsbeginn mehr als 50.000 Kinder getötet oder verletzt worden (Stand Juni 2025).

Laut dem Jahresbericht des UN-Generalsekretärs über Kinder in bewaffneten Konflikten wurden allein im vergangenen Jahr, also 2024 mehr als 8.000 schwere Kinderrechtsverletzungen in Israel und Palästina dokumentiert – so viele wie in keiner anderen Region weltweit, seitdem der Überwachungsmechanismus für schwere Kinderrechtsverletzungen vor 20 Jahren eingerichtet wurde.

3. Kinder haben kaum noch etwas zu essen. Im Norden Gazas steht eine Hungersnot unmittelbar bevor

Gaza Kinder: In einer Notunterkunft in Chan Yunis backt eine Familie Fladenbrot

Etwas Fladenbrot, gebacken über dem offenen Feuer, weil es keinen Strom gibt: Viele Familien in Gaza haben nicht einmal mehr das zu essen.

© UNICEF/UNI488838/El Baba

Ein Fladenbrot, gebacken auf offenem Feuer – für viele Familien ist das das einzige, was sie seit Wochen essen. Wenn es Mehl gibt. Wenn es Feuerholz gibt. Doch oft gibt es nichts.

Von unseren Kolleg*innen vor Ort hören wir, dass Familien kaum noch Essen haben. Eltern stehen stundenlang Schlange für Lebensmittel, alle Vorräte sind aufgebraucht. Die wenigen Nahrungsmittel, die sie finden können, geben sie ihren Kindern.

Die gesamte Bevölkerung leidet laut einem IPC*-Bericht unter akuter Ernährungsunsicherheit. 470.000 Menschen im Gazastreifen sind von katastrophalem Hunger bedroht (IPC-Stufe 5). Allein im Mai 2025 mussten 5.119 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren wegen akuter Mangelernährung behandelt werden. Seit Anfang des Jahres werden jeden Tag mehr als 110 Kinder wegen ihrer Mangelernährung behandelt.

Mehr als 71.000 der Kinder in Gaza sowie rund 17.000 Mütter benötigen dringend eine Behandlung wegen akuter Mangelernährung – deutlich mehr als noch Anfang des Jahres prognostiziert (Stand Juni 2025).

*IPC steht für "Integrated Food Security Phase Classification". Expert*innen analysieren die Ernährungssituation in Ländern und Regionen und ordnen sie in Klassen ein. Sie möchten mehr erfahren? In diesem Artikel erklären wir die IPC und auch Begriffe wie "Hungersnot" genauer.

Kinder warten geduldig, hungrig und erschöpf auf Essen.

Kinder warten geduldig, hungrig und erschöpft, um therapeutische Nahrung und Nahrungsmittel in einem von UNICEF unterstützten Behandlungszentrum für Unterernährung zu erhalten.

© UNICEF/UNI804946/El Baba

Kein Kind im Gazastreifen hat genug zu essen. Vor Hunger werden die Kinder müde und ihnen wird schwindelig, einige brechen zusammen. Viele Kinder wiegen nur etwa die Hälfte des Gewichts, das ihrem Alter entsprechen würde. Obwohl Eltern auf ihre Mahlzeiten verzichten, um ihre Kinder mit den letzten verbliebenen Lebensmitteln zu versorgen, reicht das nicht aus. Die mangelernährten Kinder brauchen dringend therapeutische Nahrung, um zu überleben.

Mangelernährung kann lebensgefährlich werden, denn sie schwächt den kindlichen Körper und macht ihn anfälliger für Krankheiten, wie zum Beispiel Durchfall. Schon jetzt sterben Kinder in Gaza an vermeidbarem Hunger.

Die Kinder brauchen dringend genug zu essen. Wir von UNICEF bringen gemeinsam mit Partnerorganisationen Hilfsgüter wie nahrhafte Spezialnahrung und Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine zu den Kindern. Doch derzeit reicht die Menge an Hilfsgütern der Hilfsorganisationen bei Weitem nicht aus, um alle ausreichend zu versorgen.

4. Es gibt kaum noch Trinkwasser

Der Gazastreifen liegt am Mittelmeer. Also sollte es hier ausreichend Wasser geben, könnte man denken.

Doch das Wasser aus dem Mittelmeer ist Salzwasser, kein Trinkwasser. Normalerweise wird es in Entsalzungsanlagen zu Trinkwasser aufbereitet. Doch weil es im Gazastreifen derzeit kaum Treibstoff oder Strom gibt, können die Anlagen nicht mehr wie früher betrieben werden. Nur noch 40 Prozent der Trinkwasseranlagen funktionieren (Stand Juni 2025). Ebenfalls weil Treibstoff und Strom fehlen, kann das Wasser auch nicht mehr durch die Leitungen zu den Menschen gepumpt werden.

Deshalb gibt es im Gazastreifen kaum Trinkwasser. Kinder leiden Durst und müssen salziges oder verschmutztes Wasser trinken. Unsere Kolleg*innen vor Ort schätzen, dass Kinder, die in den vergangenen Wochen innerhalb des südlichen Gazastreifens vertrieben wurden, lediglich einen Liter Wasser pro Tag zur Verfügung haben – zum Trinken, Waschen, Kochen usw.

Diese Menge liegt weit unter dem in humanitären Notlagen empfohlenen Mindestbedarf von mindestens 15 Litern Wasser pro Tag.

Ein Junge trägt einen Kanister für Trinkwasser

Unsere Kolleg*innen in Gaza treffen auf den Straßen immer wieder Kinder, die leere Kanister tragen. Sie sind auf der Suche nach Trinkwasser, mit dem sie ihre Kanister füllen können, oft auch während sie auf der Flucht sind. 

© UNICEF/UNI820849/

Dass Trinkwasser lebenswichtig ist, liegt auf der Hand. Wenn Kinder verschmutztes Wasser trinken, werden sie schnell krank. Durchfall beispielsweise kann vor allem für kleine Kinder schnell lebensgefährlich werden, wenn ihr Körper austrocknet und die Flüssigkeit nicht ersetzt werden kann – ein Teufelskreis. Die Lage ist besorgniserregend: “Wenn die Blockade von Treibstoff weiter anhält, werden Kinder verdursten“, sagte UNICEF-Sprecher James Elder kurz nach seiner Rückkehr aus dem Gazastreifen Ende Juni 2025.

Wir als Hilfsorganisation fordern die Konfliktparteien auf, Infrastruktur für Zivilist*innen zu achten und zu schützen, darunter auch Anlagen zur Trinkwasserversorgung. Um die Kinder zumindest mit einem Minimum an Wasser zu versorgen, tun wir alles:

Seit Januar 2025 haben wir 1,5 Millionen Menschen mit Trinkwasser erreicht, darunter 600.000 Kinder. Dafür haben wir zum Beispiel Trinkwasser per Lkw in die Notunterkünfte gebracht. Zudem liefert UNICEF beispielsweise Materialien zur Reparatur der Wasser- und Sanitärinfrastruktur. Das zeigt, wie effektiv Hilfslieferungen Kinder und ihren Familien unterstützen können.

5. Das Wummern der Drohnen macht den Kindern in Gaza Angst

"Wie 50 Donnerschläge in einem": So beschreibt UNICEF-Sprecher James Elder die Geräusche der Drohnen, der Militärflugzeuge über Rafah in Gaza. Sie fliegen fast ohne Unterbrechung. Ihr ohrenbetäubendes Dröhnen geht durch Mark und Bein. Im Video ist es zu hören (Video in englischer Sprache):

Die Kinder in Gaza und auch in vielen anderen Gegenden in Nahost leben seit Monaten mit diesen schrecklichen Geräuschen. Jeden Tag. Jede Nacht. Und mit jeder Drohne, mit jedem Flugzeug, das die Schallmauer durchbricht, bricht auch die Angst vor einem Angriff herein. James Elder sagt: "Tausende Kinder hier sind bereits traumatisiert. Jedes Kind weiß: Drohnen werfen Bomben ab." Wir können nur erahnen, wie die Kinder mit dieser Angst leben.

6. Wenn Kinder krank oder verletzt sind, können sie kaum behandelt werden – es gibt viel zu wenige Ärzt*innen und Medikamente

Auf dem folgenden Bild sehen Sie Ghazal mit ihren Eltern. Ghazal ist vier Jahre alt. Anfang Oktober wurde ihr Haus in Gaza-Stadt von Soldaten belagert. Das Mädchen verletzte sich am Fuß, aber wegen der Belagerung konnten seine Eltern es nicht ins Krankenhaus bringen. Im Nachbarhaus wohnte ein Arzt, der Ghazals Fuß schließlich ohne Betäubung operierte, um zumindest die Blutung zu stoppen. Nach mehreren Tagen kam Ghazal ins Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis.

Gaza Kinder: Ghazal (4) wurde am Fuß verletzt und braucht dringend medizinische Versorgung

Ihre Eltern machen sich große Sorgen um Ghazal (4). Das Mädchen verletzte sich am Fuß und bekam erst viel zu spät medizinische Versorgung, weil sein Haus belagert wurde.

© UNICEF/UNI488719/Zaqout

Das Gesundheitssystem im Gazastreifen ist vielerorts zusammengebrochen. Die humanitäre Situation wird immer schlimmer. Nirgends sonst gibt es so viele Kinder mit amputierten Gliedmaßen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wie in Gaza.

In der UN-Kinderrechtskonvention, die die Grundlage unserer Arbeit bei UNICEF ist, heißt es, dass jedes Kind das Recht auf "die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge" hat. Für die Kinder in Gaza steht dieses Recht derzeit nur auf dem Papier. Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser werden von Bomben getroffen und beschädigt oder ganz zerstört. Arztpraxen sind geschlossen, weil die Ärzt*innen fliehen. Es gibt kaum noch Medikamente oder Verbandsmaterial, um Schnitte, Verbrennungen und andere Wunden zu behandeln.

Auch der Mangel an Treibstoff und der fehlende Strom bringen Kinder in Lebensgefahr. Wie die Babys, die Sie auf dem folgenden Bild sehen. Sie sind Neugeborene, einige von ihnen Frühchen, und dringend auf medizinische Geräte und Inkubatoren angewiesen. Wenn auf Stationen wie dieser der Strom ausfällt, sind die Babys in Lebensgefahr.

An dieser Stelle verzichten wir nochmal auf Bilder, möchten die Geschichte von Abed aber dennoch teilen. Der Junge erzählte UNICEF-Mitarbeitenden vor Ort, wie er, nachdem er angeschossen worden war, eine Bauchoperation ohne ein einziges Schmerzmittel oder gar eine Betäubung aushalten musste. Er wünschte sich nur, dass die unerträglichen Schmerzen wieder aufhören.

Abed erlag am 17. Juni 2025 seinen Verletzungen. Es ist schrecklich, dass lebensnotwendige medizinische Güter aufgrund von Blockaden nicht rechtzeitig in den Gazastreifen gelangen und Kinder wie Abed und viele weitere sterben.

Wann immer Zugang möglich ist und die Sicherheitslage es zulässt, bringen wir als Hilfsorganisation Medikamente und Treibstoff für Krankenhäuser in den Gazastreifen. Am 9. April 2025 installierte UNICEF zum Beispiel verschiedene medizinische Geräte, darunter acht Monitore und acht Phototherapie-Lampen in der Neugeborenen Abteilung des Al Rantisi Hospitals in Gaza-Stadt. Diese Geräte sollen Neugeborene und Frühchen bei ihrem Start ins Leben schützen und Leben retten.

UNICEF beliefert Krankenhäuser mit medizinischen Hilfsgütern

UNICEF beliefert Krankenhäuser mit medizinischen Hilfsgütern, darunter Medikamente und Babyartikel für Neugeborene auf Intensivstationen sowie wichtige medizinische Geräte. 

© UNICEF/UNI796303/El Baba

7. Angst, Traurigkeit, Ohnmacht: Die Kinder erleben große psychische Belastungen

Das Mädchen weint hemmungslos. Es läuft mit seiner Familie, in den Händen trägt es den Käfig mit seinem Haustier, einem Vogel. Vor wenigen Augenblicken wurde das Nachbarhaus der Familie bei einem Luftangriff völlig zerstört. Die Familie zögerte nicht lange. Jetzt ist sie auf der Flucht.

Gaza Kinder: Ein Mädchen weint auf der Flucht

Dieses Mädchen kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sein Nachbarhaus wurde bei einem Luftangriff getroffen, die Familie ergriff in Panik die Flucht.

© UNICEF/UNI488859/El Baba

Im Gesicht des Mädchens spiegeln sich Angst, Traurigkeit, Ohnmacht. Es kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, sich nicht mehr beruhigen angesichts dessen, was passiert. Die psychischen Belastungen, die der Krieg und die dramatische humanitäre Situation in Gaza für die Kinder bedeuten, lassen sich kaum in Worte fassen. Ihre Kindheit ist zerstört.

Viele der Kinder bräuchten fundierte psychologische Betreuung. Dies ist in der akuten Kriegssituation kaum möglich. Aber wir von UNICEF ermöglichen vielen Kindern mit Spiel- und Betreuungsangeboten zumindest einige kurze Momente von Leichtigkeit, von Kindheit.

Kinder nehmen an einer von UNICEF unterstützten Aktivität zur psychischen Gesundheit teil.

Kinder nehmen an einer von UNICEF unterstützten Aktivität zur psychischen Gesundheit und psychosozialen Unterstützung teil. Ihnen wird geholfen, den schrecklichen Kriegsalltag für einen Moment zu vergessen.

© UNICEF/UNI821437/Eleyan

Während der Aktivitäten können die Kinder in Gaza für einen Augenblick einfach nur Kind sein, spielen und lernen. Dabei sollen auch die psychischen Auswirkungen einer Kindheit im Krieg beachtet und den Kindern geholfen werden damit umzugehen. Kinder brauchen jedoch zweifellos einen dauerhaften Frieden.

8. Jeden Tag erleben Kinder in Gaza den Verlust von Eltern, Geschwistern, Freunden

Es gehört zum Leben dazu, dass geliebte Menschen sterben. Doch viele Kinder in Gaza erleben in diesem Krieg so häufig und so viel den Verlust von geliebten Menschen, wie es kein Kind erleben sollte.

UNICEF-Sprecher James Elder hat im Gazastreifen Omar getroffen. Der Zwölfjährige hat miterlebt, wie seine Eltern und sein Zwillingsbruder Opfer eines Bombenangriffes wurden. Um sie nicht zu vergessen, wendet er einen herzzerreißenden Trick an (Video in englischer Sprache):

9. Schulen sind entweder zerstört oder werden als Notunterkünfte gebraucht

Die Tafel ist noch da. Aber Unterricht gibt es hier nicht mehr. Der Klassenraum in der Stadt Rafah, in dem die Kinder auf dem Foto unten spielen, ist wie die gesamte Schule zu einer Notunterkunft umfunktioniert worden. Jetzt sitzen hier keine Kinder mehr am Schreibtisch und hören ihrer Lehrerin zu. Jetzt schlafen, kochen, leben hier zahlreiche Familien, die vor den Kämpfen geflohen sind.

Gaza Kinder: Kinder spielen in einem Klassenraum, der nun als Notunterkunft dient 

Unterricht gibt es in diesem Klassenzimmer nicht mehr: Die Schule dient als Notunterkunft für geflüchtete Familien.

© UNICEF/UNI488854/El Baba

Seit dem 7. Oktober 2023 sind alle Schulen in Gaza geschlossen. Immer wieder werden Schulen beschädigt oder zerstört, nach Schätzungen betrifft dies mehr als 95 Prozent aller Schulgebäude (Stand Juni 2025).

UNICEF versucht, den Kindern mit psychosozialen Angeboten zumindest wieder etwas Stabilität und ein Stück Kindheit zu geben. Doch der Schwerpunkt der Hilfe muss derzeit auf dem Überleben und der Nothilfe liegen – deshalb konzentrieren wir uns beispielsweise auf die Verteilung von Trinkwasser und Medikamenten. Doch sobald es möglich ist, müssen schnell wieder Lernangebote geschaffen werden. Das ist sehr wichtig für die psychische Gesundheit der Kinder und ihr Wohlbefinden – und auch für ihre Zukunft.

Wie hilft UNICEF Kindern in Gaza?

Die humanitäre Lage in Gaza ist verzweifelt. Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente, Unterkünfte – die Kinder brauchen dringend eine nachhaltige humanitäre Versorgung. Das humanitäre Völkerrecht muss endlich eingehalten werden. Vor allem aber brauchen die Kinder eine Feuerpause und Frieden. Wir von UNICEF fordern dies mit Blick auf die Lage der Kinder in Gaza und überall in der Region, etwa in Israel, im Westjordanland und weiteren Ländern, in denen der Krieg Auswirkungen hat. Ebenso fordern wir, dass uneingeschränkt alle Kinder, die noch in Gaza als Geiseln gehalten werden, unverzüglich freikommen und zu ihren Angehörigen zurückkehren.

Im Gazastreifen ist das UNICEF-Team weiter vor Ort und führt Hilfsaktionen für die Kinder durch. Wann immer uns die Einreise gewährt wird und wann immer die Sicherheitsbedenken es zulassen bringen wir Hilfsgüter zu den Kindern. Aktuell fokussieren wir uns vor allem auf Trinkwasser und Medikamente sowie Spezialnahrung für unterernährte Kinder. Wir unterstützen zum Beispiel bei der Behandlung mangelernährter Kinder und leisten psychosoziale Hilfe. Unsere Teams reparieren auch Wasserleitungen und -pumpen, damit Kinder und ihre Familien sauberes Wasser haben.

Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Helfen Sie den Kindern in Gaza mit Ihrer Spende. Wir versprechen: Jeder Beitrag kommt an und hilft. Vielen Dank!

InfoLeistet UNICEF in Israel Hilfe?

UNICEF verurteilt die furchtbaren Angriffe auf Israel und die Folgen für Kinder und Familien seit dem 7. Oktober 2023 und ist sehr besorgt über die Auswirkungen der Gewalt und der andauernden Angriffe auf Kinder. Jedes Kind muss vor Gewalt geschützt sein. UNICEF fordert, dass uneingeschränkt alle Geiseln, die noch in Gaza festgehalten werden, unverzüglich freikommen und zu ihren Angehörigen zurückkehren. Die Kinder in der Region brauchen einen dauerhaften Waffenstillstand. 

In Israel ist UNICEF seit 2009 als eines von weltweit 32 UNICEF-Nationalkomitees aktiv. Das israelische Nationalkomitee wirbt um Unterstützung für die UNICEF-Arbeit weltweit und setzt sich für die Förderung und Sensibilisierung für Kinderrechte ein. 

Mit Programmarbeit ist UNICEF in Israel aktuell nicht aktiv. Länder mit höherem Einkommen – wie Israel – sind in der Regel selbst in der Lage, die Kinder im Land angemessen zu versorgen. Aus diesem Grund gibt es keinen UNICEF-Spendenaufruf für die Kinder, die in Israel leben. UNICEF ist allerdings mit den zuständigen Stellen in Israel laufend im Gespräch.

UNICEF-Redakteurin Laura Sandgathe
Autor*in Laura Sandgathe

Laura Sandgathe ist Online-Redakteurin und Chefin vom Dienst. Sie bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit – über Kinder, Helfer*innen und die Projekte, in denen sie einander treffen.