Kampf gegen Mangelernährung: Ein Hoch auf die Mütter!
"Ob meine Kinder ihr Mittagessen heute in der Schulkantine mochten?", denke ich, während ich mittags schon die Kürbissuppe für den Abend vorbereite. "Falls nicht, können sie nachher von der Suppe noch was mitessen."
Was für banale Gedanken im Vergleich zu den Sorgen, die unzählige Mütter im Jemen, in Somalia, der Zentralafrikanischen Republik oder im Südsudan momentan haben. Millionen Kinder in diesen und in vielen anderen Ländern weltweit hungern. Die Mütter dieser Kinder sind oft ihre engsten Verbündeten im Kampf gegen Mangelernährung. Sie sind voller Hingabe und Leidenschaft, wenn es darum geht, das Leben ihrer Töchter und Söhne vor dem Hunger zu bewahren.
In meinem Blogbeitrag möchte ich die Mütter dafür einmal richtig feiern, denn ich finde: Sie haben das mehr als verdient – und zwar aus den folgenden sechs Gründen:
1. Mütter stillen ihre Kinder
In der Regel verbringen die Mütter direkt nach der Geburt die meiste Zeit mit ihren Babys. Die Natur hat ihnen die großartige Chance mitgegeben zu stillen. Muttermilch ist die perfekte Nahrung für die Neugeborenen: Sie enthält alle Nährstoffe, die die Kinder in den ersten Lebensmonaten brauchen – ein echtes „Superfood“ gegen den Hunger also. Noch dazu kostenlos und jederzeit verfügbar.
In den Momenten des Stillens sorgen die Mütter nicht nur dafür, dass die kleinen Mägen ihrer Kinder sich füllen – sondern durch den innigen Kontakt schaffen sie auch eine enge emotionale Verbindung zu ihren Babys. Auch das ist eine wichtige Grundlage für die Kinder, um geborgen und gesund aufzuwachsen.
Caroline Simatwa (Foto oben) arbeitet als Teepflückerin in Kenia. UNICEF kooperiert mit der Teefirma, bei der sie angestellt ist. Während ihrer Schwangerschaft hat Caroline von einem UNICEF-Ernährungsexperten gelernt, wie wichtig das Stillen für die Gesundheit ihres Babys ist. Caroline weiß nun, was für ihre Tochter Abigail gut ist, und stillt sie von Anfang an.
2. Mütter kochen für ihre Kinder
Bei uns in Deutschland mag das mittlerweile oft anders aussehen, aber in vielen Ländern der Welt sind auch nach der Stillzeit die Mütter traditionell diejenigen, die sich um das Essen für ihre Familien kümmern: Sie kaufen die nötigen Lebensmittel ein, bereiten die gemeinsamen Mahlzeiten vor und kochen warme Gerichte.
Hier in dieser mongolischen Jurte zum Beispiel kocht die Mutter gerade ein landestypisches Essen mit sehr viel Schaffleisch. Man kann der Familie die Vorfreude auf das gemeinsame Familienessen richtig ansehen.
3. Mütter haben ihre Kinder genau im Blick
Die Mütter verbringen viel Zeit mit ihren Kindern und beobachten sie ganz genau. Sie bekommen meistens als Erste mit, wenn etwas mit ihrem Kind nicht stimmt. Wenn es einen schlappen Eindruck macht zum Beispiel. Oder wenn es keinen Appetit hat. Oder an Gewicht verliert.
Gut, dass die Mütter diese Veränderungen im Blick behalten – denn sie sind wichtige Indizien dafür, dass ihr Kind von einer Mangelernährung bedroht sein könnte.
Fanta (siehe Foto) ist stolze Mutter der kleinen Awa. Als Awa vor einiger Zeit immer apathischer wurde, schrillten bei der aufmerksamen Mutter schnell die Alarmglocken. Sie kümmerte sich sofort darum, dass ihre Tochter medizinisch behandelt wurde und Zusatznahrung bekam. „Jetzt hat sie endlich wieder mehr Energie“, freut sie sich über die gute Entwicklung ihres Mädchens.
4. Mütter gehen weite Wege
Krankenhäuser oder Gesundheitsstationen sind in Entwicklungsländern meistens viele Kilometer entfernt. Die wenigsten Menschen in diesen Ländern besitzen ein eigenes Fahrzeug. Wenn eine Mutter entscheidet, dass ihr Kind medizinisch behandelt werden muss, hat sie deshalb meistens einen langen Weg zu Fuß vor sich. Im Extremfall ist sie mehrere Tage unterwegs, um ihr krankes Kind zur nächstgelegenen Gesundheitsstation zu bringen.
Den mangelernährten Kindern fehlt die Kraft, um selbst zu laufen. Viele Mütter tragen ihre Kinder deshalb so lange, bis sie gemeinsam eine sichere Anlaufstelle erreichen. Die Mütter sind oft auch selbst erschöpft und in einem labilen Gesundheitszustand. Um ihrem Kind zu helfen, mobilisieren sie trotzdem ihre letzten Kräfte.
So wie Mariam in Mali: Ihr einjähriger Sohn Al-Matar war eine Woche lang im Krankenhaus, weil er lebensbedrohlich mangelernährt war. Auf ihrem Rücken hatte sie ihn hergetragen. Jetzt ist sie überglücklich, dass ihr Sohn zugenommen hat und entlassen werden konnte.
5. Mütter harren aus an der Seite ihrer Kinder
Endlich im Krankenhaus oder im Ernährungszentrum angekommen, werden die Kinder so schnell wie möglich medizinisch untersucht: Durch Messen des Oberarms können die Gesundheitsexperten von UNICEF innerhalb weniger Sekunden sehen, ob und wie stark mangelernährt ein Kind ist.
Danach brauchen die geschwächten Kinder spezielle Nahrung: Die Mädchen und Jungen bekommen therapeutische Milch oder Spezial-Erdnusspaste. Beide enthalten besonders viele Nährstoffe und Kalorien und wirken schnell gegen den Hunger.
Viele mangelernährte Kinder kämpfen um ihr Leben. Sie sind anfangs zu schwach, um eigenständig zu essen oder zu trinken. Sie können nur mühsam und schlückchenweise Nahrung zu sich nehmen und brauchen Hilfe beim Essen. Schwer mangelernährte Kinder brauchen alle zwei bis drei Stunden ihre Spezialnahrung. Ärzten und Krankenschwestern fehlt aber oft die Zeit, sie dabei zu unterstützen. Umso wichtiger und wertvoller ist es, dass auch die Mütter vor Ort sind: Sie harren aus, solange ihr Kind sie braucht.
Manchmal weichen die Mütter wochenlang kaum von der Seite ihrer Kinder. Sie trösten sie und kuscheln mit ihnen. Und helfen ihnen mit viel Zeit und aller Liebe, wieder zu essen und stark zu werden.
Der kleine Martino (ein Jahr alt) zum Beispiel profitiert extrem davon, dass er seine Mutter ganz nah bei sich hat. Er liegt auf der Intensivstation in Bangui (Zentralafrikanische Republik). Den Körperkontakt und die Zuwendung von seiner Mutter braucht er ganz dringend, um wieder gesund zu werden.
6. Mütter versorgen ihre Kinder zuhause weiter
Ein großer Schritt für Mutter und Kind ist dann geschafft, wenn das Kind fit genug ist, um nach Hause entlassen zu werden. In den von UNICEF unterstützten Ernährungszentren oder Krankenhäusern bekommen die Mütter ausreichend Spezialnahrung für zuhause mit auf den Weg. Sie haben von Ernährungsspezialisten außerdem erfahren, worauf sie besonders achten müssen: Zum Beispiel, wieviel Päckchen Erdnusspaste ihr Kind täglich essen soll, um weiter zuzunehmen.
Die Mütter füttern und versorgen ihre Kinder also auch zuhause weiter und achten darauf, dass die Kinder sich weiterhin gut entwickeln. Und sie haben auch im Blick, wann ihr Kind soweit ist, dass es „normale“ feste Nahrung zu sich nehmen kann.
Wie diese „normale“ Ernährung für ihr Kind langfristig aussehen könnte, haben die Mütter ebenfalls gelernt: UNICEF-Ernährungsberater geben ihnen Tipps, wie sie auch mit wenigen Zutaten gesunde und nährstoffreiche Mahlzeiten kochen können. Beispielsweise indem sie auch Öle und frische Zutaten bei ihren Gerichten verwenden.
Die Familie von Rexona lebt in Bangladesch. Für ihre zwei Kinder Sumiya (5, rechts) und Moriom (6, links) hat Rexona Curry-Kartoffeln gekocht. Rexonas Sohn ist mangelernährt. Im Krankenhaus wurde ihr empfohlen, mehr Gemüse zu kochen. Sie hat nur sehr wenig Geld für Lebensmittel. Aber sie weiß jetzt, wie sie auch mit geringen Mitteln für ein gesundes Essen für ihre Kinder sorgen kann.
Auch beim zweijährigen Habib (hier auf dem Rücken seiner Mutter) in Äthiopien war kürzlich die Diagnose Mangelernährung gestellt worden. Jetzt ist er auf dem Weg der Besserung: Er bekommt schon wieder festere Nahrung, die seine Mutter Safiya liebevoll für ihn zubereitet.
Dankeschön auch an Ärzte und Väter
Gar keine Frage: Die Ärztinnen und Ärzte und alle anderen Gesundheitshelfer spielen natürlich ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der medizinischen Behandlung von Mangelernährung. UNICEF-Mitarbeiter sind Tag für Tag an der Seite der mangelernährten Kinder und versorgen sie mit Spezialnahrung. Sie alle haben unseren riesigen Dank und Respekt verdient dafür, dass sie mit ihrem Wissen und Engagement täglich Kinderleben retten.
Und verstehen Sie mich nicht falsch: Auch die Väter weltweit setzen sich natürlich mit ganzer Kraft für die Gesundheit ihrer Kinder ein. Doch ich fand, es war Zeit für ein Loblied auf die Mütter. Denn in vielen (vor allem Entwicklungs-) Ländern sind es auch heute noch die Mütter, die sich schwerpunktmäßig um die Kinder kümmern.
Die Mütter sind für mich echte Alltags-Heldinnen, die oft rund um die Uhr und unermüdlich für ihre Kinder im Einsatz sind. Es macht Hoffnung zu sehen, welche entscheidende positive Rolle sie im Leben ihrer Kinder spielen – überall auf der Welt.
Millionen Kinder auf dieser Welt sind mangelernährt und kämpfen um ihr Überleben. Noch immer stirbt alle 10 Sekunden ein Kind an den Folgen von Hunger. Sie möchten wissen, wie UNICEF die Kinder vor dem Verhungern rettet?
Lesen Sie auch den Blog-Beitrag meiner Kollegin Ninja Charbonneau zum Thema Mangelernährung und Hungersnot.