© UNICEF/UNI778925/SinghKinderehe: Kinder in Indien für Gleichberechtigung
Gut zu wissen

Kinderehe weltweit: Ursachen & Folgen von Kinderehen

Kinderehen sind weltweit keine Seltenheit. Derzeit leben schätzungsweise 650 Millionen Mädchen und Frauen weltweit, die als Kinder verheiratet wurden. Doch wo und warum gibt es die Kinderehe überhaupt und welche Auswirkungen haben frühe Ehen auf Kinder? Wir beantworten die wichtigsten Fragen. 


von Ninja Charbonneau

Mary* aus dem Südsudan war 13 Jahre alt, als sie unerwartet verheiratet wurde – ein Schock. Angst und Verwirrung prägen seitdem ihren Alltag. Ihr Ehemann ist viel älter, ein erwachsener Mann. Mit 14 wurde sie dann zum ersten Mal Mutter.

*Das Video von Mary erzählt eine reale Lebensgeschichte und wurde aus Sicherheitsgründen, um das junge Mädchen zu schützen animiert.

Der Altersunterschied zwischen Mary und ihrem Mann, dem Ehegatten ist groß – dass junge Mädchen einen erwachsenen, viel älteren Mann heiraten müssen, ist keine Seltenheit. Dabei ist der Altersunterschied oft nicht nur extrem, sondern Mädchen sind meist auch abhängig von den Ehemännern. Warum stimmen Eltern einer solchen Hochzeit zu, wie weit verbreitet sind Kinderehen, welche Folgen hat das für die Mädchen und wie kann man Kinderheiraten verhindern?

Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Definition: Was ist eine Kinderehe?

Laut UNICEF ist eine Kinderehe eine formale Eheschließung, bei der mindestens einer der Partner unter 18 Jahre alt ist. Wir finden, dass Minderjährige generell nicht heiraten sollten, weil das ein großer Einschnitt in ihrem Leben ist und sie die Folgen womöglich noch nicht ganz erfassen können. Und selbstverständlich sollten Kinder, Mädchen oder Jungen, auf keinen Fall zu einer Ehe gedrängt und erst recht nicht gezwungen werden.

Kinderehe: Shamori (15) wurde als Kind verheiratet.

Kinderehen sind für viele Mädchen Realität. Die 15-jährige Shamori blickt traurig ins Leere. Sie wurde jung verheiratet und verlor zudem ihr Baby nur 15 Tage nach der Geburt.

© UNICEF/UNI497739/Ahmed

Zahlen und Trends: Wie viele Kinderehen gibt es weltweit?

Heute leben nach Schätzungen von UNICEF 650 Millionen Mädchen und Frauen auf der Welt, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet wurden. UNICEF schätzt, dass jährlich zwölf Millionen Mädchen eine Kinderehe eingehen. In den vergangenen Jahrzehnten war die Entwicklung positiv, denn prozentual wurden weniger Mädchen weltweit und in den einzelnen Ländern verheiratet.

Laut eines jährlichen Berichts zu Kinderehen aus dem Jahr 2025 sind derzeit weiter Fortschritte zu verzeichnen, aber die Zahlen bleiben erschreckend hoch. Große Verbesserungen gab es vor allem in Südasien, wo im letzten Jahrzehnt der Anteil der als Kind verheirateten Mädchen von rund 39 Prozent auf rund 26 Prozent gesunken ist. Subsahara Afrika ist derzeit die Region mit dem höchsten Anteil verheirateter Kinder wobei die Zahl von 38 Prozent auf 31 Prozent gesunken ist.

Kinderehe: Kinder in Guinea lernen über Kinderehen

Kinder in Guinea setzen sich gegen Kinderehen ein. Sie informieren in einer Theateraufführung auf dem Markt ihrer Gemeinde über das Problem und dessen Folgen.

© UNICEF/UNI842450/Dejongh

Krisen können dazu beitragen, dass die Zahl der Kinderehen in einigen Ländern wieder steigt. Denn wenn Not und Armut zunehmen, greifen Familien oft zu verzweifelten Mitteln, um über die Runden zu kommen – dann kann eine Überlebensstrategie sein, dass Kinder arbeiten müssen oder Mädchen sehr jung verheiratetet werden. Zum Beispiel beobachten wir mit Sorge, dass in den von mehreren Dürre-Jahren schwer getroffenen Gebieten am Horn von Afrika Frühehen zunehmen.

Auch in Afghanistan gibt es Berichte, dass in der aktuellen Notsituation mehr Mädchen verheiratet werden. Dazu kommt, dass dort Mädchen der Besuch einer weiterführenden Schule verwehrt wird – und Bildung wiederum ist der beste Schutz vor Kinderehen.

Kinderehen: Mehr Mädchen in Afghanistan betroffen

Farhana (5) in Afghanistan sollte als Kinderbraut weggegeben werden, weil der Vater sich verschuldet hatte und die Schulden nicht zurückzahlen konnte. Mit Hilfe des Schutzkomitees des Dorfes wurde die Heirat vorläufig verhindert – aber die Not der Familie bleibt groß.

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Kinderbräute: Warum vor allem Mädchen von Kinderehen betroffen sind

Kinderheirat ist oft eine Folge tief verwurzelter Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, wobei besonders Mädchen stark von dieser Praxis betroffen sind. Mit der Heirat müssen sie ihre Kindheit aufgeben. Viele Mädchen sind strukturell benachteiligt und werden häufig früh schwanger und können nicht mehr zur Schule zu gehen. Stattdessen übernehmen sie die Verantwortung für ihre eigenen Kinder, obwohl sie selbst noch im Kindesalter sind.

Aufgrund ihres jungen Alters haben sie ein erhöhtes Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Darüber hinaus steigt mit der Kinderehe das Risiko, Opfer häuslicher Gewalt zu werden. Das mentale und körperliche Wohlbefinden der Mädchen ist dadurch stark gefährdet. Der frühe Auszug aus dem Elternhaus und die enorme Verantwortung, die sie tragen müssen, können Ängste und andere psychische Probleme hervorrufen. Zusätzlich kann eine frühe Heirat dazu führen, dass Mädchen von ihrer Familie und ihren Freunden isoliert werden, was ihre psychische Gesundheit weiter beeinträchtigen kann.

Der Mangel an Bildung erhöht das Risiko, in Armut zu leben, und schränkt ihre Zukunftsperspektiven erheblich ein.

Gibt es Kinderehen auch bei Jungen?

Auch Jungen sind von Kinderehen betroffen, wenn auch fünf Mal seltener als Mädchen.

Die Ursachen und die Folgen können für Mädchen und für Jungen sehr unterschiedlich sein, aber dennoch ist es für beide eine Verletzung ihrer Rechte. Auch Jungen können durch eine frühe Ehe in eine Erwachsenen-Rolle gedrängt werden, für die sie noch nicht bereit sind. Fest steht: Eheleute sollten erwachsen sein, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Kinderehe: Kinder lernen in ihrer Gemeinde über Gleichberechtigung.

Kinder lernen in ihrer Gemeinde mehr über Gleichberechtigung und Respekt. Nicht nur Mädchen, sondern auch Jungen nehmen an der Veranstaltung teil und werden auf eine respektvolle Zukunft vorbereitet. Dabei machen sich alle auch für ein Ende von Kinderehen stark.

© UNICEF/UNI778935/Singh

Ursachen: Warum gibt es Kinderehen?

Viele Faktoren führen dazu, dass Mädchen – und Jungen – als Minderjährige verheiratet werden. Dazu gehören zum Beispiel Armut, soziale Normen und Rollenbilder, die Annahme, dass Mädchen durch eine Heirat besser geschützt sind, fehlende Bildungsmöglichkeiten für Mädchen, religiöse Bräuche und nicht ausreichende Gesetze.

Welche große Rolle vor allem Armut spielt, zeigt sich auch daran, dass es innerhalb eines Landes große Unterschiede zwischen den wohlhabenderen und den ärmeren Familien geben kann. Vom Rückgang der Kinderehen in den letzten Jahren haben Mädchen aus ärmeren Familien nicht profitiert.

So sehen sich arme Familien oft gezwungen, ihre Töchter möglichst früh zu verheiraten, damit sie versorgt sind. Die Not in Konflikt- und Krisenregionen und auf der Flucht führt oftmals dazu, dass die Zahl der frühen Verheiratungen von Mädchen stark ansteigt. Aus Afghanistan etwa, wo immer mehr Familien in die Armut rutschen, erreichen uns Berichte, dass Babys schon im Alter von nur 20 Tagen für eine zukünftige Ehe versprochen werden. Die Familien können dann eine Mitgift aushandeln, von der sie eine Weile leben können. Leider ist das meist nicht nachhaltig, weder für die Familien noch für die verheirateten Kinder, aber die finanzielle Verzweiflung drängt viele Familien dennoch dazu.

Kinderehe: Gulalay wurde als Kind verheiratet.

Gulalay (17, Name geändert) sitzt mit ihrer vier Monate alten Tochter traurig zu Hause. Sie war 14 Jahre alt, als das Verbot der Sekundarschulbildung für Mädchen in Afghanistan in Kraft trat und wurde dann verheiratet. Sie wurde allerdings bereits von ihrem Ehemann verlassen. Was ihr bleibt, sind ihre Träume von einem besseren Leben für ihre Tochter.

© UNICEF/UNI592400/Musadiq

Nicht zu unterschätzen ist zudem der soziale Druck in einer Gemeinschaft, in der Mädchen üblicherweise jung heiraten. Außerdem fehlt häufig das Wissen oder Bewusstsein, dass eine frühe Heirat für das Mädchen schädlich sein kann.

Die Beispiele zeigen, dass es keine leichte Aufgabe ist, die Praxis von Kinderehen vollständig zu beenden – es ist vielmehr ein langer Prozess.

Kinderehe: Südsudan UNICEF.

Schüler*innen setzten sich gegen Kinderehe ein. UNICEF Südsudan hat eine Kampagne gestartet, um auf Kinderheirat im Südsudan aufmerksam zu machen und sich für die Rechte der Kinder in diesem Land einzusetzen. 

© UNICEF/UNI522932/Rooftop Productions

Folgen: Welche Auswirkungen haben frühe Ehen auf Kinder?

Eine Kinderehe beeinträchtigt häufig die Entwicklung eines Mädchens. Sie kann zu früher Schwangerschaft und damit zu einem Gesundheitsrisiko führen: Teenager-Mütter sterben häufiger an Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt als reifere Frauen. In einigen Ländern werden Mädchen einer Genitalverstümmelung unterzogen, damit sie als "heiratsfähig" angesehen werden - mit gravierenden lebenslangen Folgen für ihre körperliche und psychische Gesundheit.

UNI630214

Loko (14, Name geändert) mit ihrem Baby. Sie wurde von einem Mann vergewaltigt, der sie heiraten wollte. Er heiratete sie nicht, aber sie wurde schwanger.

© UNICEF/UNI630214/Dejongh

Verheiratete Mädchen werden oft aus ihrem bisherigen sozialen Umfeld herausgerissen und sind zu Hause isoliert. Junge Ehefrauen sind einem höheren Risiko von häuslicher Gewalt ausgesetzt. Eine frühe Heirat bedeutet oft das abrupte Ende der Kindheit – die junge Ehefrau geht nicht mehr zur Schule und trägt stattdessen die Verantwortung für einen Haushalt. Ihre späteren Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten sind eingeschränkt.

Die Nachteile können sich auch in die nächste Generation fortsetzen, denn Kinder von zu jungen Müttern haben schlechtere Überlebens- und Bildungschancen.

Wie oben schon erwähnt sind die Folgen auch für Jungen groß, wenn auch die körperlichen und sozialen Folgen kaum vergleichbar sind. Aber auch Jungen werden zu jung in eine Erwachsenen-Rolle gedrängt, der sie nicht gewachsen sind. Sie müssen unter Umständen plötzlich eine Familie versorgen, was auch ihre Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten einschränkt.

Aus all diesen Gründen setzen wir uns für ein Ende von Kinderehen ein.

Gegen den Willen: Wie häufig sind Zwangsehen von Kindern?

Die Kinderehe ist eine Form der Zwangsheirat, wenn ein oder beide Partner nicht ihre volle und freie Zustimmung zum Ausdruck gebracht haben. Doch ob die Eheschließung eines Kindes eine Zwangsheirat oder eine Liebesheirat war, ob die künftige Braut und der Bräutigam gefragt wurden oder ob die Familie Druck ausgeübt hat, darüber geben die Statistiken keine Auskunft. Mit Sicherheit ist auch der soziale Druck, der vor allem auf Mädchen lastet, sehr hoch.

Aber unabhängig davon, ob Zwang ausgeübt wurde oder eine Heirat freiwillig war: Sie verstößt gegen die Kinderrechte von Mädchen und Jungen und hat weitreichende Folgen für ihre Entwicklung. Daher hat sich die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) vorgenommen, die Praxis von Kinderehen bis 2030 zu beenden.

Alt: Kinderehe: Sudan

Jedes Mädchen verdient einen Teddybären und keinen Hochzeitsstrauß. Sie ist ein Kind und keine Braut. So sieht Nasr aus dem Sudan die Kinderheirat.

© UNICEF/UNI502567/Elfatih

Gesetzeslage: Sind Kinderhochzeiten verboten und ab wann darf man heiraten?

In den meisten Ländern gilt man zwar erst ab 18 Jahren (wenn die Volljährigkeit erreicht wurde) als "ehemündig", aber in vielen Ländern gibt es eine Reihe von Ausnahmen für das Mindestalter einer Eheschließung, wenn zum Beispiel die Eltern oder ein Gericht zustimmen. Das ist problematisch, da es häufig die Eltern sind, die die Ehe arrangiert haben. In einigen Ländern gibt es außerdem ein unterschiedliches Mindest-Heiratsalter für Mädchen und für Jungen. Wie so oft ist außerdem die Frage, ob auf dem Papier bestehende Gesetze auch wirksam durchgesetzt werden.

In Indien machte 2023 die Verhaftung von über 2.000 Männern wegen Kinderehen im Bundesstaat Assam Schlagzeilen. Kinderehen sind in Indien illegal, doch diese Razzia kam offenbar überraschend – und wurde nicht von allen begrüßt. Unter anderem beschwerten sich viele der jungen Ehefrauen, die nun plötzlich ohne Ehemann dastanden, der häufig der Hauptversorger der Familie ist.

Lückenhafte Gesetze zum Schutz vor Kinderehen gibt es übrigens nicht nur in Ländern des globalen Südens: In einigen US-Bundesstaaten sind beispielsweise Kinderehen in Ausnahmen erlaubt. In England und Wales trat erst 2023 ein Gesetz in Kraft, das Ausnahmen für 16- und 17-Jährige im Fall der elterlichen Zustimmung beendet.

Auch in Deutschland war lange Zeit eine Heirat ab 16 möglich, wenn das Familiengericht zustimmte – diese Regelung wurde erst 2017 geändert und auf 18 Jahre erhöht (siehe oben).

Gesetze gegen Kinderehen sind also wichtig, aber nur ein Element von vielen zur nachhaltigen Bekämpfung von Kinderehen. Die Gesetzeslage sollte daher weiter verschärft werden. Ganz entscheidend ist die Prävention, also Vorbeugung, der Praxis von Kinderehen – wie etwa, dass Kinder ihre Rechte kennen und einfordern können, um ihre Zukunft selbstbestimmt zu gestalten.

UNICEF Kampagne gegen Kinderehen

Dieses Bild stammt von einer UNICEF-Kampagne im Südsudan zur Beendigung von Kinderehen. 

© UNICEF/UNI371518/Chol

Kinderehen weltweit: In welchen Ländern gibt es die meisten Kinderhochzeiten?

Am weitesten verbreitet sind Kinderehen in Subsahara-Afrika und im südlichen Asien. In West- und Zentralafrika waren 37 Prozent der jungen Frauen bereits vor ihrem 18. Geburtstag, vor dem Erreichen ihrer Volljährigkeit, verheiratet – 12 Prozent waren sogar jünger als 15 Jahre. Im östlichen und südlichen Afrika lag der Anteil der Frühehen bei 32 Prozent der Mädchen, im südlichen Asien und in Lateinamerika und der Karibik ist eine von vier Frauen vor ihrem 18 Lebensjahr verheiratet worden, und in Osteuropa und Zentralasien sind es sechs Prozent. Auch im Mittleren Osten und Nordafrika sind Frühehen weiterhin verbreitet, allerdings gibt es dazu aktuell keine regionale Statistik.

Kinderehe: Kinderehen beenden.

Die 15-jährige Maligeta (links) sitzt neben ihrer Mutter. Maligelita wurde im Alter von 15 Jahren verheiratet. Durch gemeinsame Bemühungen mit Kinderschutzorganisationen konnte die Ehe beendet werden, sodass Maligelita ihre Kindheit und Jugend leben kann.

© UNICEF/UNI520844/UNICEF Malawi

Wenn man sich einzelne Länder ansieht, gibt es prozentual die meisten Kinderbräute in Niger (76 Prozent), in der Zentralafrikanischen Republik (61 Prozent), im Tschad (61 Prozent), in Mosambik (48 Prozent), Bangladesch (51 Prozent), Burkina Faso (51), Mali (54), Südsudan (52 Prozent), Guinea (47 Prozent). Aber auch in anderen Ländern wie Afghanistan (29 Prozent), Brasilien (26 Prozent), Kuba (29 Prozent), Irak (28 Prozent) oder Jemen (30 Prozent) ist der Anteil der jungen Frauen, die bereits vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet waren, hoch (Stand 2025).

Kinderehen bei Jungen sind in einer Reihe von Ländern in Subsahara-Afrika, Lateinamerika und Karibik, Südasien sowie Ost-Asien und der Pazifik-Region verbreitet. Am häufigsten heiraten minderjährige Jungen aktuellen Schätzungen zufolge (Stand Februar 2023) in Belize (22 Prozent), Surinam (20 Prozent), Nicaragua (19 Prozent) und der Zentralafrikanischen Republik (17 Prozent).

In einigen Ländern sind die Fortschritte zwar besonders groß, aber die Zahl der Kinderehen bleibt auf hohem Niveau: So werden in Äthiopien 40 Prozent der Mädchen unter 18 verheiratet – ein Rückgang von 60 Prozent vor zehn Jahren. In Indien ging der Anteil von 50 Prozent auf 27 Prozent zurück. Wegen der großen Gesamtbevölkerung sind jedoch Millionen von jungen Frauen betroffen.

Welche Informationen gibt es zur Kinderehe in Indien?

Kinderehe: Kinder in Indien für Gleichberechtigung

Kinder in Indien setzen sich für Gleichberechtigung und gegen Kinderehen ein.

© UNICEF/UNI778925/Singh

Auch in Indien haben Kinderehen negative Auswirkungen auf die indische Wirtschaft und können zu einem generationsübergreifenden Kreislauf von Armut führen.

In Indien werden Schätzungen zufolge jedes Jahr mindestens 1,5 Millionen Mädchen unter 18 Jahren verheiratet. Nahezu 16 Prozent der Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahren sind derzeit verheiratet. Obwohl weniger Mädchen unter 18 Jahren verheiratet werden, bleibt die Zahl hoch. Zwischen 2005 und 2006 waren noch 47 Prozent verheiratet, 2015 bis 2016 waren es 27 Prozent. Die Fortschritte beim Rückgang von Kinderehen lassen sich vielseitig erklären. Zum einen dürften die gesteigerte Alphabetisierung unter Müttern, verbesserter Zugang zu Bildung für Mädchen sowie verschärfte Gesetze, aber auch der Zuzug aus ländlichen Regionen in Städte Gründe dafür sein. Zum anderen sind proaktive Investitionen in Mädchen und die Aufklärung über die Praktik der Kinderehen, Respekt und Gleichberechtigung wichtige Faktoren.

Kinderehen in Deutschland: Wie häufig kommen sie bei uns vor?

Laut Medienberichten lebten Mitte 2016 knapp 1.500 verheiratete Minderjährige in Deutschland. Unter ihnen waren vor allem Minderjährige aus Syrien, Afghanistan, Irak und mehreren EU-Mitgliedsstaaten. Im Dezember 2019 waren nur noch 162 verheiratete Minderjährige registriert.

Diese merkliche Verminderung der Anzahl ist vor allem auf eine Gesetzesänderung in Deutschland zurückzuführen: Im Juli 2017 passte Deutschland das Mindestheiratsalter an internationale Standards an. Während in Deutschland Eheschließungen mit Zustimmung eines Familiengerichts bereits ab 16 Jahren erlaubt waren, ist dies nun erst ab 18 Jahren möglich. Ehemündig ist somit nur, wer bereits 18 Jahre alt ist.

Wenn eine Ehe im Ausland geschlossen wurde, ist sie nach deutschem Recht immer unwirksam, wenn einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung unter 16 Jahre alt war. Bei Eheschließungen im Ausland im Alter zwischen 16 und 18 Jahren wird die Entscheidung, ob die Ehe aufgehoben wird, erst nach einer Anhörung beim Familiengericht getroffen.

Während UNICEF Deutschland die Erhöhung des Mindestheiratsalters begrüßt, muss bei Aufhebungen von Ehen aus kinderrechtlicher Sicht besonders umsichtig gehandelt werden, um Kinder nicht zusätzlichen Risiken auszusetzen: Das Wohl des Kindes muss hierbei Grundlage für jegliche juristische Entscheidung sein. Dabei muss der Einzelfall betrachtet werden. Es kann zum Beispiel sein, dass bei der Annullierung der Ehe die zuvor verheirateten jungen Frauen und Männer die materielle Sicherung durch ihre Ehepartner, Unterhalts- und Erbrechtsansprüche verlieren oder Kinder aus solchen Ehen als nichteheliche Kinder angesehen würden. Daher sollte geprüft werden, was im Einzelfall das Beste für die jeweiligen Betroffenen ist.

Kinderehe: Mädchen setzten sich gegen Kinderehe ein: Empowerment

In Guinea setzt sich Diariou (19) gegen Kinderehen und für Gleichberechtigung ein. Wie viele Mädchen weltweit, die sich alle gegen Kinderehen stark machen.

© UNICEF/UNI842660/Dejongh

Kinderehen und Religion: Welche Rolle spielen religiöse Gründe bei der frühen Verheiratung?

Religiöse Traditionen sind einer von vielen Gründen, Mädchen früh zu verheiraten, aber nicht die Hauptursache. Häufig gibt es das Vorurteil, dass Kinderehen hauptsächlich ein Problem in islamischen Gemeinschaften sind. Richtig ist, dass es Kinderehen weltweit gibt, quer durch verschiedene Länder, Religionen, Kulturen und ethnische Gruppen.

Religiöse Würdenträger können aber einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, Kinder vor Frühehen zu schützen. Wirksame Programme zum Schutz vor Kinderehen beziehen deshalb religiöse Autoritäten ebenso wie andere einflussreiche Personen und möglichst ganze Gemeinschaften in die Arbeit mit ein, um langfristig einen Wandel zu erreichen.

Kinderehe: Südsudan UNICEF.

Ein Bild einer Aufklärungskampagne, die im Südsudan über die verheerenden Folgen von Kinderehen Bewusstsein schaffen soll. Kinderheirat ist sowohl für Mädchen als auch für Jungen tragische Realität, betrifft jedoch Mädchen unverhältnismäßig stark, insbesondere im Südsudan, und beraubt sie ihrer Grundrechte und in den meisten Fällen ihrer Zukunft.

© UNICEF/UNI522933/Rooftop Productions

Kinderehen beenden: Was kann man tun?

Armut, Gender-Ungerechtigkeit sowie fehlende Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten gehören zu den wichtigsten Gründen, weshalb Kinderehen weiterhin geschlossen werden – und das wollen wir ändern!

Kinderehe: Kinderehen beenden

Amina wurde mit 12 Jahren verheiratet und Mutter von drei Kindern. Nachdem sie die Gewalt des Ehegatten nicht mehr aushielt, nahm Amina an von UNICEF unterstützten Kursen für ihre berufliche Weiterbildung teil und ließ sich scheiden. "Mein Leben hat sich verändert", sagt Amina, die jetzt selbst für sich und ihre Kinder sorgen kann.

© UNICEF/UNI574012/Iizuka

Mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen haben sich Staaten weltweit zur Beendigung von Kinderehen bis zum Jahr 2030 verpflichtet. Doch es gibt noch viel zu tun. UNICEF setzt sich weltweit zusammen mit seinen lokalen und nationalen Partner*innen, UN- und Nichtregierungsorganisationen und religiösen Autoritäten für Aufklärung und Prävention von Kinderheiraten ein, mit dem Ziel diese Praxis zu beenden. Dazu führt UNICEF unter anderem Aufklärungskampagnen sowie Bildungs- und Empowermentprogramme für Mädchen durch.

  • Äthiopien: Die 14-jährige Anifa strahlt in die Kamera

    Bild 1 von 6 | Ihre Eltern hatten für Anifa (14) in Äthiopien eine Ehe arrangiert. Die Teilnahme an einem Gender Club gab ihr das Selbstbewusstsein, sich dagegen zu wehren: Sie bat einen Lehrer um Hilfe. Mit ihm zusammen konnte sie ihre Eltern überzeugen, die Hochzeit abzusagen. Wenn sie mit der Schule fertig ist, möchte Anifa Medizin studieren.

    © UNICEF/UN0278286/Mersha
  • Uganda: Irene schaut bestärkt in die Zukunft.

    Bild 2 von 6 | Irene in Uganda hat Schreckliches erlebt: Als sie 15 war, wurde sie von einem 25-Jährigen vergewaltigt. Zu allem Unglück wollte man sie zwingen, ihren Peiniger zu heiraten, um die vermeintliche Schande gutzumachen. Durch eine Kampagne gegen Kinderehen wurde sie vor der Zwangsehe bewahrt. Sie machte eine Ausbildung als Friseurin und besitzt einen eigenen kleinen Haarsalon.

    © UNICEF/UN0297700/Adriko
  • Indien: Die 18-jährige Kiran lächelt selbstbewusst in die Kamera.

    Bild 3 von 6 | Kiran, 18, in Indien ist eine intelligente junge Frau und setzt sich in ihrer Gemeinschaft für die Rechte von Mädchen und für Bildung ein. Letztes Jahr rettete sie eine Freundin vor der Ehe, indem sie den Fall bei den Behörden anzeigte. Kiran möchte Anwältin werden und dabei helfen, die Hürden zu überwinden, denen Mädchen begegnen.

    © UNICEF/UN0276237/Boro
  • Indien: Die 16-jährige Maina steht vor einem UNICEF-Plakat.

    Bild 4 von 6 | Maina, 16, wehrte sich erfolgreich gegen eine Ehe, die ihre Eltern in Indien für sie arrangiert hatten. Sie bekam Hilfe durch eine von UNICEF unterstützte Telefon-Hotline für Mädchen. Maina geht jetzt weiter zur Schule und ist bereit für die Prüfungen zum Abschluss der zehnten Klasse.

    © UNICEF/UN0276216/Boro
  • Malawi: Neria in ihrer Schule mit drei Frauen der Müttergruppe

    Bild 5 von 6 | Neria (16) in Malawi war erst 13, als ihre Eltern sie gegen ihren Willen mit einem älteren Mann verheiraten wollten. Neria weigerte sich und bat die Müttergruppe an ihrer Schule um Hilfe. Die schaltete den Chief des Dorfes und die Polizei ein. Neria hat sich mit ihren Eltern versöhnt, geht weiter zur Schule und möchte Krankenschwester werden.

    © UNICEF/DT2016-51453/Ninja Charbonneau
  • Bangladesch: Shampa sitzt im Schneidersitz auf dem Boden ihres Zimmers.

    Bild 6 von 6 | Shampa, 16, in Bangladesch will Bankerin werden. Beinahe wäre ihr Traum geplatzt, als ihr Vater einen Unfall hatte und nicht mehr arbeiten konnte. Da das Geld so knapp war, wollte die Familie Shampa mit 15 verheiraten, dann wäre eine Person weniger zu versorgen gewesen. Doch Shampa wehrte sich erfolgreich: Sie nahm Kontakt mit einer Jugendgruppe auf, und kurze Zeit später kamen sieben junge Aktivisten zu ihren Eltern und überzeugten sie, dass Kinderehen illegal sind und große Risiken mit sich bringen.

    © UNICEF/UN016313/Gilbertson VII

Auf Social Media gibt es verschiedene Kampagnen. Zum Beispiel hat UNICEF Mosambik dieses Musikvideo „Ich will fliegen“ veröffentlicht (Achtung, Ohrwurm!):

Da Veränderung mit Wissen beginnt, haben UNICEF und Partner einen Monitoring-Mechanismus ins Leben gerufen, um die riesige Datenlücke bei Kinderehen zu verringern.

Stoppt Kinderehen: Mädchen kämpfen für ihre Rechte

Nicht mit mir! Das sagen viele Mädchen rund um die Welt und wehren sich gegen ihre Verheiratung. Ich möchte Ihnen einige starke junge Frauen vorstellen – und zeigen, wie sie einer Zwangsehe entkommen konnten.

  • Kinderehe: Südsudan UNICEF.

    Bild 1 von 7 | Schüler*innen setzen sich gegen Kinderehe ein und lernen gemeinsam mehr über das Thema. Jungen und Mädchen werden aufgeklärt und motiviert sich zu engagieren. UNICEF hat im Südsudan eine Kampagne gestartet, um auf Kinderheirat aufmerksam zu machen und Kindern ihre Rechte aufzuzeigen. 

    © UNICEF/UNI522936/Rooftop Productions
  • Kinderehe: Indien

    Bild 2 von 7 | Mehek (15) setzt sich für Kinderrechte und den Schutz von Kindern ein. Dank Kinderschutzprogrammen sensibilisiert sie für wichtige Themen wie zum Beispiel Kinderehen. Der Fokus liegt darauf Gemeinden zu aufzuklären. Für Mehek ist der Einbezug junger Stimmen wichtig.

    © UNICEF/UNI841985/Biswas
  • Kinderehe: Sudan, Gemälde

    Bild 3 von 7 | „Mein Bild thematisiert Kinderheirat und die Auswirkungen, die sie auf Kinder hat“, erklärte der 19-jährige Al-Mujtaba.

    © UNICEF/UNI502562/Elfatih
  • Kinderehehn: Sport für Empowerment und Respekt.

    Bild 4 von 7 | Rani (15) lebt in Bangladesch in einem Viertel, in dem es oft nicht viel Hoffnung gibt. Sie liebt es mit ihren Freundinnen Volleyball zu spielen. Dank eines von UNICEF geförderten Programms können Kinder wie Rani in sicheren Räumen Spielen und Lernen. Das Programm zielt damit auch darauf ab schädliche Geschlechternormen herauszufordern und über die Risiken von Kinderehe aufzuklären, um Bildung und Schutz zu fördern. Rani und ihre Freundinnen, können damit zu selbstbewussten Mädchen heranwachsen.

    © UNICEF/UNI847724/Rasnat
  • Kinderehe: Mosambik Kinder

    Bild 5 von 7 | In einer Gemeinde in Mosambik werden die Menschen über Kinderehen informiert. Um zu verhindern das Kinder verheiratet werden, wird über die Folgen, Risiken und Problematik aufgeklärt.

    © UNICEF/UNI439829/Lehn
  • Äthiopien: Die 14-jährige Anifa strahlt in die Kamera

    Bild 6 von 7 | Ihre Eltern hatten für Anifa (14) in Äthiopien eine Ehe arrangiert. Die Teilnahme an einem Gender Club gab ihr das Selbstbewusstsein, sich dagegen zu wehren: Sie bat einen Lehrer um Hilfe. Mit ihm zusammen konnte sie ihre Eltern überzeugen, die Hochzeit abzusagen. Wenn sie mit der Schule fertig ist, möchte Anifa Medizin studieren.

    © UNICEF/UN0278286/Mersha
  • Uganda: Irene schaut bestärkt in die Zukunft.

    Bild 7 von 7 | Irene in Uganda hat Schreckliches erlebt: Als sie 15 war, wurde sie von einem 25-Jährigen vergewaltigt. Zu allem Unglück wollte man sie zwingen, ihren Peiniger zu heiraten, um die vermeintliche Schande gutzumachen. Durch eine Kampagne gegen Kinderehen wurde sie vor der Zwangsehe bewahrt. Sie machte eine Ausbildung als Friseurin und besitzt einen eigenen kleinen Haarsalon.

    © UNICEF/UN0297700/Adriko

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* Dieser Artikel wurde erstmals im Mai 2023 von Ninja Charbonneau publiziert und im Nachgang von Lilian Sekkai überarbeitet.

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Autor*in Ninja Charbonneau